Vera Freytag

Vera Freytag war inspirierend, klug, extrem begabt, emotional, philosophisch, sehr belesen, mutig, lustig, zuverlässig, weise, melancholisch, musikalisch, originell, übermütig und überwältigend ehrlich. Die Menschen, die mit ihr befreundet sein durften, waren gesegnet durch ihre Liebe und Herzenswärme. Sie hatte stets Freude an wilden Gedankenexperimenten und gewagten Aktionen. Ihr Leben war ausgesprochen turbulent, intensiv und voller Extreme, ihr schriftstellerisches Schaffen umfangreich und von allerhöchster Qualität. Zugleich baute sie durch soziale Netzwerke ein beachtliches künstlerisches Profil auf. Viele Menschen wurden auf sie aufmerksam, ihre klare, unverblümte und direkte Schreibweise in nahezu täglich verfassten, kurzen Textbeiträgen fanden rasch ein treues Publikum. Sie hatte Kontakt zu einem großen Buchverlag und damit lange Zeit realistische Hoffnung auf die Veröffentlichung ihres Hauptwerkes, einem aufrichtigen, schonungslosen Roman aus der Ich-Perspektive, doch leider kam nie ein Vertrag zustande.  

Ende Oktober 2018 verwandelte sich ihre Euphorie in Zweifel, sie zog sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück, wurde traurig und erschöpft, dachte viel nach über Leben, Tod, Existenz, Himmel, Hölle, Paradies und Seele, doch die Loyalität zur eigenen Schaffenskraft ging dabei nicht verloren, bis zuletzt arbeitete sie an ihrem Buch. Doch dann ging ihr die Kraft aus, sie wollte nicht mehr weiterleben.
Am Berliner Plötzensee, wo sie oft im Sommer beim Baden und Schreiben war, wählte sie den Freitod.
Moses Wolff


Vera Freytag bei EBMD: