Eisenbart und Meisendraht ist das Literaturvermittlungsmagazin für geschundene Seelen. Jeden Monat wird ein neues Thema von unserem Schriftsteller*innenpool beackert und hernach in Radiowellen (Z) transformiert, in den Pod geschmissen und hier im Internet kybernetisch in den space gepresst.
Diese Seite ist gut, denn sie bietet eine einwandfreie Möglichkeit, in allen Beiträgen herumzustöbern, die im Rahmen von EB&MD veröffentlicht worden sind.
Aktuelle Themen
Neue Textbeiträge
Martin Knepper: Der Traum, ein Witz
Traum vom 18. Oktober 2003: Ich bin deutlich jünger, etwa Oberstufe oder Erstsemester, und besuche mit einer Delegation von Gleichaltrigen (Schülerzeitung o.ä.) Otto Schily. Sein Amtssitz sieht von innen aus wie das Anwesen Christoph Martin Wielands in Oßmannstedt, am Fenster steht ein Rokokosekretär. Endlich kommt Schily. Er sieht aus wie immer, schmallippig, etwas verkniffen, hat aber seinen anthroposophischen Haarschnitt silbern gefärbt und aufgeföhnt, er erinnert mich an Gotthilf Fischer. Das einzige, was mich und die anderen aber wirklich überrascht: Schily ist winzig, nicht bloß etwas mickrig wie Gerhard Schröder, sondern nicht größer als ein Kind oder Wee Man aus der...
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Daphne Elfenbein: Der Tierfreie Nichtraucherhaushalt
Der Tierfreie Nichtraucherhaushalt ist derzeit das entscheidende Qualitätsmerkmal im virtuellen Kaufhaus der Gebrauchtwaren für Minimalisten und Hartz-IV Empfänger: ………..Ebay-Kleinanzeigen. Im Tierfreien Nichtraucherhaushalt kriegen Sie alles, was Sie nicht brauchen. Und das gebraucht: Die Wasserfilterkanne, das Vintage Puzzle mit dem zerdrückten Karton, das Fitness – Gummiband und den verschlissenen Kniestuhl. Sowohl beim Verkäufer als auch bei Ihnen wird das Ding ungenutzt herumstehen. Doch es ist billig! Der Tierfreie Nichtraucherhaushalt garantiert Ihnen aber, dass weder Hundehaare, Spucke oder Katzenkotze dran kleben. Allein das Kauferlebnis ist schon ein Abenteuer und toppt jede Shopping-Tour durch die Galeries Lafayette. Sie sitzen also an einem langweiligen...
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Eva Schwindsackel: Von der Linde und dem Nadelwald oder Alles Glück dieser Welt
ISchlau, listig, durchtrieben heißt es, ist der junge Fuchs Reinecke mit seinem blass gewordenen orangefarbenen Pelz. Seine einst glänzende Silberbrust wirkt schon seit Langem etwas matt und ergraut. Nach außen hin zeigt er sich aber weiterhin stolz und trägt den buschigen Schwanz beinah zwanghaft hoch zum Himmel empor. Die Ohren gespitzt, die Augen bemüht wach. Niemals müde, sondern stets gefeit – vor Gefahren, Verpflichtungen und unliebsamen Aufgaben. Raffiniert wie er so ist, kostet ihn das nicht mal sonderlich Anstrengung. Seine einst so leichten und flinken Pfoten sind ihm aber auf dieser Reise schwer geworden. Dennoch durchwandert er immer weiter, wenn...
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Lily Schuster: Traum
Stefan: „Was liegt dir denn auf dem Herzen, was du mir mitten in der Nacht erzählen musst?“ Sie: „Ich gebe in diese hochmoderne Suchmaschine namens „Google“ die Buchstaben -T-r-a-m- Definition ein. -Enter-... Straßenbahn, hä? Straßenbahn? Achsooo, vertippt! -Löschtaste- u- m- Definition-Enter-. Na also.. hammas jetzt? Erstens: im Schlaf auftretende Abfolge von Vorstellungen, Bildern, Ereignissen, Erlebnissen. Beispiel: „ein schöner, seltsamer Traum“ Zweite Definition ist unterteilt in zweitens a und zweitens b. Zweitens a: sehnlicher, unerfüllter Wunsch. Beispiel: „Der Traum vom Glück“ Zweitens b: etwas traumhaft schönes, Person; Sache, die wie die Erfüllung geheimer Wünsche erscheint. Beispiel: „Das ist ja ein Traum...
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Malva: Traum
Flirrende Sommerhitze, ein altes Bauernhaus, hohes Gras und Mondblumen. Der kleine Bach im August 1969. Augen schließen sich, Leben erzähl mir von dir! Kindheit, Konformität, alles ist möglich, ich betrete mein Haus, sehe eine alte Holztreppe, geschlossene Türen, kalte Fliesen, Stille. Neugierde führt in Raum Eins, Leichtigkeit, Experimentierfreude, Lieben, Tiefschlaf. Größtes Glück, in Raum Zwei sind sie, sechs Kinder, meine Kinder- und dann, ungläubiges Staunen, meine fünf Enkel. Rückblick in Raum Drei. Steile Stufen führen hinauf, Kälte, Anstrengung, Angst, Schuld, Hoffnung, ich gehe nach Jahren schnell hinaus und nie wieder zurück. Ich spüre die Sonne, noch eine Tür, Raum Vier....
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Philip Saß: Traum
Ich stand, wie Menschen meistens stehn, doch sah nichts: Das war mir neu (man kann ja häufig sehn, wie alle Dinge rundherum geschehn). Nur, wenn mein Blick nicht täuschte, dann geschah nichts. Da stand ich nun und sah nicht viel, na ja: nichts. Das soll, wer das verstehen kann, verstehn! Ich sorgte mich schon um mein Wohlergehn, und rang und sprang und sang la la la la: nichts! Ich stand – das sagte ich schon oben einmal – und wusste keinen Rat, weil nichts geschah. ich stand und stand und war den Tränen nah. Ich stand und nahm mir hilflos...
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Robert Segel: Der Abendwind
Der Abendwind hat viele Stimmen.Ein Röcheln, ein Flüstern, ein Flehen, ein Drohen, ein Rufen, ein Schreien. Schlaflos auf dem Bett, über dem aufgeworfenen Laken, darunter du, mein Gesicht begraben in den Händen.Der Abendwind und seine vielen Stimmen, mit mir, aber gegen meinen Schlaf.Auch gegen deinen Schlaf, doch nun: deine Stärke stärker.Meistens, wenn er mich besucht: meine Schwäche stärker, so auch heute.Der Abendwind, ohne Einladung und doch bei mir, bei dir.Ohne Vorankündigung, ohne Anklopfen und doch bei uns. Unser Haus in der Dunkelheit, in der Einsamkeit, ich als einziges Lebenszeichen an diesem Ort – doch: kein Leben, keine Zeichen, keine Lebenszeichen...
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Matt S. Bakausky: Aus dem Traum erwachen
Schreibe niemals über Träume, hat er geschrieben. Mein Idol. Träume interessieren niemanden. Das schlimmste was du machen kannst ist eine Geschichte zu schreiben, die mit "Und dann wachte ich auf" endet. Das las ich in seinem neuen Buch über das Leben als Schriftsteller und das Schreiben. Auf dem Weg zur Arbeit. Die Straßenbahn hielt, es waren wenige Autos unterwegs. Es gab wohl einen Unfall. Ich traf auf alle meine Freunde und unterhielt mich mit ihnen, darüber dass heute irgendwie wenig los wäre. Sie waren alle sehr nett zu mir und gut gelaunt. Arbeit fiel heute aus. Ich mache mich auf...
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Felix Benjamin: Traum
„Angebot und Nachfrage, Angebot und Nachfrage“ murmle ich nervös vor mich hin, als der Wirtschaftslehrer das Klassenzimmer betritt. Doch ich habe Glück: Ich werde nicht abgefragt, sondern wir machen Klassenfahrt. In der Jugendherberge teile ich mir ein Zimmer mit Linus Volkmann und nenne ihn Wenzel. Wir sitzen auf dem Sofa, trinken Bier und rauchen. Wenzel unterhält sich mit Arne Zank, der uns gegenübersitzt. „Das ist ja Arne Zank!“, denke ich aufgeregt, will mich aber nicht als nerviger Fan zu erkennen geben und rauche still vor mich hin. Auf einmal sind da aber auch alle anderen Tocos und da muss ich...
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Daphne Elfenbein: Von der Mall of Shame zur kleckerfreien Fließbirne
Seit Daphne Elfenbein ihr lukratives Dasein als Büroratte hinter sich gelassen hat, wo sie nach Herzenslust Kolleginnen gebissen und Kabel durchgenagt hat, bis sie - äh – befördert wurde, hat sie ein neues Hobby: Shopping! Berlin – die Schmuddelmetropole ihrer Träume – hat ja einen Mangel an Shopping-Centern. Das liegt daran, dass die Bauherren so gesetzestreu sind und niemals rumänische Arbeiter für 6 Euro die Stunde beschäftigen. Drum muss Daphne Elfenbein sehr weit fahren, um in das Shopping Center ihrer Träume zu gelangen, wo sie sich einen ganzen Tag lang austobt und immer wieder gern die weißen Handschuhe auszieht, um...
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Elmar Tannert: Anti-Fasching im Pik-As
Am Faschingssamstag findet im Pik-As der traditionelle Strohwitwerstammtisch statt. Die Damen nehmen sich ein verlängertes Wochenende auf dem Kölner Karneval, denn mit dem fränkischen Fasching können auch sie nichts anfangen; ihre Männer bleiben im Lande und deklarieren ihren Kneipenabend zur Anti-Faschings-Party, obwohl das gleiche Programm abläuft wie an den übrigen Samstagen: Trinken, Schafkopfen und die Zeit vergehen lassen. So war es jedenfalls jahrelang, bis Walter, der Wirt, an Neujahr das Ziel ins Auge faßte, den Stammtisch der Faschingsboykotteure ein wenig aufzumöbeln. „Ich hab mir da was überlegt“, sagte er also Anfang Januar zur versammelten Runde. „Nämlich: Wir müssen an Fasching...
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Matt S. Bakausky: Wirtschaft als Chance
Ich kaufe am Bahnhof einen Big Mac für die Fahrt. Wussten Sie, dass der Big Mac verwendet wird, um die Kaufkraft in verschiedenen Ländern zu vergleichen? Das habe ich von Herrn Huber gelernt. Ein letzter Bissen vom Burger und der Zug fährt ab. Weg von der Zivilisation, raus in den Wald. Für ein paar Tage werden sie Herrn Huber nicht finden. Ich habe einen Vorsprung. Ich putze mir die Zähne morgens mit Elmex und abends mit Aronal. Mittags bin ich in der Schule und putze sie nicht. Noch acht mal Zähne putzen bis zum Referat in Wirtschaft. Ich stehe auf...
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Cornelius W.M. Oettle: „Aktien für alle“ (Friedrich Merz)
Wir alle sollten Aktien haben und uns an Kursgewinnen laben. Sagt Friedrich Merz. Der hat‘s kapiert und all sein Geld schon investiert. Drum legt euch Aktien ins Depot! Auf lange Sicht kaum Risiko! Und Dividenden gibt‘s dazu! Warum machst das denn nicht auch Du? Ach stimmt, jetzt fällt‘s mir wieder ein: Wer reich sein will, muss reich schon sein! Und ihr habt leider nichts geerbt, weshalb ihr ohne Aktien sterbt.
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Christian Y. Schmidt: Lieblings-Spam 1
Abgeblätterter Lack? Verbessere ihn damit! ERFRISCHUNG: dieses vielseitige Massagegerät lockert dich garantiert, probiere. Wie kannst du dein Zuhause mit Festlicht bekleiden? Laser-Festlicht, mit mehreren Farben. Vorsicht, die Mäuse dringen im Herbst ein - der wirkungsvolle Schreck ist da. Verwickelst du ständig im Draht? Hier ist ein drahtloses Headset, bequem Fährst du Auto und Rad, wanderst du? Mit drahtlosem Ohrhörer bekommst total Komfort LEUGNE 10 Jahre mit dem Ergrauungs-Stopper AB Traum des HAARES: stellt Farbe wieder her BEKLEIDE deinen Garten festlich: Laser-Lichtspiel mit Erdspieß Keine grauen Haare mehr: Da ist der die Haarfarbe wiedergebende Balsam! Ich habe die Wunden meines beschädigten...
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Andreas Lugauer: Abstellen, anlassen, schnurrt wieder
Wir sollten angesichts des schon vor langer Zeit wieder abgeebbten Diesel-Abgasskandals den Ingenieur*innen der Heiligen Automobilindustrie Deutscher Nation auch einfach mal Danke sagen für die Entwicklung der Start-Stop-Technologie von Pkw-Motoren! Schließlich hat diese klandestine Umweltrettungseinrichtung an Ampeln und sonstigen Fahrspaß-Behinderungseinrichtungen bereits viele Sekunden für stillstehende Motoren von grotesken, virilen und – trotz Leichtbauweise – 2,5 Tonnen schweren 600-PS-Großstadtpanzern, die wie demilitarisierte Batmobile aussehen, gesorgt und den Fahrer*innen viel Nerven gespart, »weil da brauchst bloß leicht hintreten dann geht er gleich wieder an wenn grün is‘! Des merkst du fast gar nicht wie er ihn wieder anlässt! Oder du trittst gleich...
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Andii Weber: Der Wirtschaftstraum
Prolog Im Hintergrund blubbert ein Aquarium und man kann eine Nachrichtensendung aus dem Fernseher hören. Kind: Und was ist, wenn das Aquarium mal nicht mehr reicht für die ganzen kleinen Guppies? Vater: Dann fressen die sich gegenseitig auf. Aus dem Fernseher spricht Bush senior:"Our way of life is not negotiable" Schlafengehen Es war ein schöner Tag, denn Friedrich Merz hat heute viele Dinge getan. Er hat mit vielen wichtigen Menschen gesprochen und ihnen die Welt merzsplained. Menschen, die fast so wichtig und reich sind, wie Friedrich Merz. Friedrich Merz ist stolz auf Friedrich Merz. Er hat sich heute sehr stark...
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Mina Reischer: Zur kleinen Wirtschaft
Hier und da, zwischen zwei Finsternissen, sah man ein Fragment. Was ist das? Aus dem Nichts trifft mich ein Lichtstrahl. Ich kann in eine andere Welt hineinleuchten. Don’t bother me with your delays. This town gave me too many lonely days. Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe. Kann man sich denn hier nicht einmal konzentrieren: Ich will verreisen. Ich verreise jetzt. Ich bin jetzt verreist. Ein Abwesender, den man ausschließlich gewohnheitsmäßig beweint, steht auch nicht mehr jeden Abend vor der Aufgabe uns für eine halbe Stunde das Wesentliche und das Bedeutsame zu sagen. Tell us where you will go, my love....
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Michael Schmidt: Wirtschaft
"Frühers hat man's ja leichter gehabt mit der Wirtschaft. Da hat man immer gewusst: Ich kauf was und das krieg ich. Heute ist das alles viel zu kompliziert geworden. Und Sachen, die man früher gut verkaufen konnt, auf denen bleibt man heute gerne sitzen. Da haben sich schon manche dumm im Spiegel angeschaut nachher. Sind einfach nicht mit der Zeit gegangen. Haben gedacht: Was schert mich die Zeit. Aber die Zeit hat sich - im Gegenteil - nichts um sie geschert. Gar nichts. So ist das gewesen. Und so geht es immer weiter, bis sich die Menschheit einmal verabschiedet. Auch...
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Marius Geitz: Wirtschaft
I WohlstandsgesellschaftWir sind so privilegiert Keinen Grund uns zu sorgenDoch die Sorgen, die sind da WohlstandsgesellschaftWir sind so terminiertKein Grund uns zu beeilen Doch wer stillsteht ist bald weg WohlstandsgesellschaftAls solche diagnostiziertEine große GemeinschaftDoch einsam in sich selbst WohlstandsgesellschaftWir schwimmen doch im GeldNur ein Großteil der MenschenKriegt nicht viel davon mit II Ein mitleidiger BlickStand im RaumEr galt wohl mirWenn ich nicht irre
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