Mina Reischer: Nikolai Iwanowitsch, Du hast mich ins Licht geführt

What if someone smart is not at hand

When I need to come up with masterplan

Its okay, by now its in my head

And Ill ask my myself what would you have said.

Ich bin zu zaghaft, zu schüchtern, zu verschlossen, zu misstrauisch.

Ich habe kein Glück, gehöre aber wenigstens zu den Schwachen, die versuchen, sich zu verteidigen. Was wenn mein Ziel außerhalb der Grenzen des Erreichbaren, weit hinter der Front des Lebens liegt?

Das sind nicht Deine Sätze. Das Glück ist, glaube ich, sehr alt. Etwas, was wir mit uns tragen und was man immer wieder ausgraben muss.

Es ausgraben?

Ja. Unter all dem Schutt, der dabei zu Tage tritt, entdeckt man zunächst mal diese dicke Kruste. Wer es schafft, bis dorthin zu kommen und die abkratzt, kann für eine Millisekunde eins sein mit  dem Raum und der Zeit und sich selbst. Wann das geschieht, ist unvorhersehbar. Aber auch das nenne ich Glück, dass wir nicht nur betonmäßig stabil herumstehen müssen, sondern auch graben und kratzen dürfen. Ein großes Wagnis. Wir müssen wagen. Ohne zu wagen gelangen wir nicht zum Glück.

I should not be alone.

Calm down!

I should not be alone.

Calm down! Du weißt doch genau, dass es menschlich nach unten geht. Es gibt kaum eine Hürde, die niedriger ist. Die Wahrscheinlichkeit zu fallen wächst bekanntlich, wenn man sich sagt, dass man nicht fallen darf. Nur Du kannst Deine internen Probleme lösen.

Ich neige dazu zu idealisieren. Ich werde nie vergessen. Diese Sekunde werde ich nie vergessen. Das stand im Raum, dann sagt er es einfach: Zack. Wir brauchen noch zwei. Zwei mal zwei. Zwei mal vier. Und es gab dieses Lächeln. Kästnergedicht: In dieser Nacht trug ich alles Leid der Welt.

Calm down! Erkenntnis ist ein „Für Sich“ und durchfließt nur einen nicht verzweifelten Menschen spontan, weil sie das Grundwasser des Lebens ist. Für den Prozess sind abschließbare Türen wesentlich. Erst wenn die Tür fest hinter Dir schließt, öffnet sich auch dieser innere Brunnen.

Das Gefühl von der Luft vollständig abgesperrt zu sein, verursacht in mir Schwindel. Und ich merke, dass sich doch nichts dreht.

Wach auf! Es ist Zeit.

I should not be alone. Ihr könnt mich zum Grabe tragen.

Wach auf! Zwischen Deinem Schwarz und meinem Rot liegt noch mindestens Grün minus Blau. Ein ganzes, unendlich weites Spektrum. Ein Zeichen von Vereinsamung ist es, wenn da nichts mehr an Farbe ist, so dass Du immer denkst, sie haben Dich vergessen. Sie vergessen nicht nur Dich, sie vergessen so vieles: Wenn bis Samstag Vormittag niemand im Haus die Zeitung vom Donnerstag vom Treppenabsatz mitgenommen hatte, gingen wir davon aus, dass sie uns gehört.  Aneignung nach Zeitablauf. Von Ewigkeit zu Ewigkeit ist es immer gleich lange still. Deshalb muss sie auch mal ablaufen, die Zeit. Die Zeiger allerdings drehen sich immer weiter, unaufhörlich im Kreis.

I should not be alone. Der Weg zum Nebenmenschen scheint für mich sehr lang. Und unaufhörlich anstrengend.

Dann solltest Du Deinen Kreis noch mehr einschränken. Überhaupt solltest Du immer wieder nachprüfen, ob Du Dich außerhalb Deines Kreises versteckt hältst. Fast alle, die hier arbeiten, sind am Einknicken, haben den Rand ihrer Möglichkeiten bereits erreicht. Keiner Deiner Arbeitgeber liest Deine Gedanken. Das Geschehene kann nie rückgängig gemacht, sondern nur getrübt werden. Sobald diese chaotische, undurchsichtige Phase vorbei ist, teile mir bitte Deine neue Adresse mit.

Nikolai Iwanowitsch, wie schön, dass Du geboren bist.

Unendlich sehr vermiss ich Dich, im Herzen fest behalt ich Dich.

Du hast mich ins Licht geführt, für Deine Farben dank ich Dir.

Da hast Du also gestanden, an einer Mauer gelehnt, eine Zigarre in der Hosentasche. An diesem Tag hast Du mir einen Bogen geformt, der beinahe ein Kreis ist. Das war ein großes Glück. Anmaßung von Wirklichkeit: Im Nachhinein würde ich sogar behaupten dieser Moment war besonders wirklich. Der Kreis, der keiner ist, hat eine winzige Öffnung, ganz unscheinbar. Dort gelangt die Unruhe hinein, die stetig nach einem Ausgleich sucht. Die Technik des Lebens ist  eigenartig. Durch Auferlegung einer allzu großen oder vielmehr aller Verantwortung erdrückst Du Dich.

Musik: Felix Foerster

Şafak Sarıçiçek: Toffee

Strahlenwinter, Streifenlicht ! 
In Landstraßen namens NACHT UND HORIZONT 
Zerteilt ein Korsar die Stachelschweine duftender Sehnsüchte. 

Ich wollte umtriebig sein und wir wollten FISCHERNETZE flicken:
Strahlwind, Straflicht, ach wo sinken nur deine Wege hin ?
Zerteilt und presst in Form. Wurstiges wie Wulstiges. 

Straf sie nicht ab, ewiges FORMALDEHYD, es reichen nie Kanister.
Die Winkel schlüpfen. Ecken und Schlafkanten gehen ein.
In ein, in ander. Vielleicht fällt Dämmerung ab von Kastanien. 

Fall ab vom Degen, du traumlose Nacht. Schrei nicht, Tulpa.
Tukan, wir sahen schon Gezeter steigen. Ziehen Funk 
Prediger über Steppen. Treib Dorniges, Wüste. KAMELLEN

Arabella Block: Ich Geist?

Ich bin der Geist, der stets verneint,
und das mit Recht,
denn alles, was besteht ist wert – die Weltgeschicht erweist’s –  dass es zugrunde geht.

Doch bin ich auch der Geist, der stets bejaht.
Ist auch nicht schlecht.
Wer fühlt sich schon von alledem, was ist, durchweg gedisst und angepisst? (Das wär doch Mist.)

Und ganz im Ernst bin ich der Geist, der sagt: „Vielleicht“
und kratz mich am – symbolischen – Gemächt*.
Mañana, schau’mer mal, der Ball ist rund, das Leben nur ein Traum. Und zudem bunt.

Als kluger Geist sag ich auch manchmal nix.
Oder nur: „La-di-da“. „Schubdubidu uh-uh-lala.“ „Noch weiter links, jaaaah, daaaa!“ 
„Ein Bier noch!“ „Noch ein Wein!“ Geht klar.

A propos klar: Ein Obstler passt noch rein.
Fragst du mich was, sag ich: „Ich lieb dich so“. 
Fragt mich wer anders, flüchte ich aufs Klo.

Wenn mich die Welt also befragt: Die Antwort bin ich nicht.
Es wohnt nur tief in meinem Fleisch 
ein Kuss für dich, ein Kichern, ein Gedicht.

* Über die Verortung dieses Organs streiten die Wissenschaftler. Die einen vermuten es im Gehirn, links unterhalb der Amygdala, im sogenanten Hänschenklein-Cortex. Die anderen in der Nähe der Zirbeldrüse.

Marco Kerler: Bevor

Wir waren in unserer
Stadt oder war es nur
deine gewesen ich weiß
es nicht mehr jedenfalls
fragten wir nicht nach dem
Weg blieben im Licht der
wenigen Sonnenstrahlen
konnte man uns erkennen
diese Konturen die sich
vereinten als wir sprachen
wie nah das uns kam
wenn du etwas sagtest
und ich es sagte bevor
du es sagtest bevor ich
bevor du bevor wir über-
haupt gedacht hatten da
war es wie aus einem
Geist einem Guss bevor
wir das wussten bevor

Hanne Mausfeld: Sonett

Vergessen sei hier mal die freie Form.
Wir wollen uns an alten Rhythmen laben
Und Reime finden, edel, echt, erhaben,
Uns halten an die definierte Norm. 

Wir fühln uns wohl und gehen gern konform.
Man könnt lebendig uns sogar begraben,
Wir würden trotzdem mit den Füßen schaben –
Der Untertanengeist ist schon enorm.

Zerrissen unsre Hirne, unser Denken.
Denn andre lassen sich nicht leicht beirren,
Sie streben hin zu großen, weiten Welten,

Wobei sie plötzlich neue Fahnen schwenken
Und martialisch mit den Schwertern klirren,
Als ob nur eine Freiheit sollte gelten. 

Jutta v. Ochsenstein: geistvoll halb leer

durch die Straßen der Stadt ziehen wir
zwischen Schatten, Parallelen, dann
Richtungen nehmen wir Zeit aus den Rinnsalen 
lichtet sich manchmal ein Bunker 

Weite ist ein Geschenk, das jemand vergaß 

im Nachtmodus 
sprechen Mond, Sonne und Schrecken
bleiben Fragen offen, geistvoll vielleicht
das Lachen 

Jutta v. Ochsenstein: frei Räumen

der Papierstoß mit meiner Schrift
unberührbar 
Jahrzehnte lag er stoisch  
in der Truhe bis 
ich in die Zeilen einfiel 
eine Bauruine: 
Meinungen verblasst auf Plakaten
Liebe in Neonschrift 
schiefe Blickwinkel 
in den Räumen  
irrten meine Fragen 
als ob es 
eine Geschichte 
gäbe 

das Papier verbrannte  
unter freiem Himmel 

Theobald Fuchs: Geist

Draußen brodelwarm, graue Wolkenflocken wie Asche nach Norden zu, die Hauswände gerötet vom tiefen Licht. Dann der Tisch, mit Bestimmtheit von jemand anderem gekauft, nicht von dem Typen, der jetzt und hier daran sitzt. Außerdem: eine besudelte weiße Tasse, ein Topfuntersetzer aus Kork, ein kahler dünner Ast, der sich hinter dem Mann in der Fensterscheibe hektisch schwarz verzweigt.

Seuchenstimmung in der Luft, als ob sich drei Straßen weiter ein Sumpf erstreckte, mit Augen im Schlamm lauernd, mit Händen, die Bäume unter brackiges Wasser ziehen.

»Nein«, sagt der Typ, »die Flasche bleibt zu.« Seine Stimme lässt keinen Raum für Zweifel an seiner Entschlossenheit. Zweifel brauchen Platz, so wie Kinder, sie können nicht gedeihen, wenn sie in einer Spalte zwischen zwei Grabsteinen aufwachsen sollen.

Die Frau, die Arme verschränkt, drückt ihren Hintern noch fester an die Arbeitsplatte, es sieht aus, als würde sie das Körperende, in das der Rücken schwungvoll ausläuft, tief einkerben wollen, um darin eine noch schickere Leimholzplatte zu befestigen. Sie verdreht die Augen. »Oh Mann!«, schnaubt sie. »Du wirst echt wie diese Leute… «

»Und du vergisst jedes mal wieder, was passiert, wenn… oder nicht?«

Der Typ kratzt sich den ungewaschen glitzernden Kopf und zündet sich eine Zigarette an, aber so, als ob er zum ersten Mal im Leben rauchen würde. Er wirft einen zweifelnden Blick auf den glimmenden Stengel und pustet zweidreivier Mal in die Glut.

»Na gut«, sagt die Frau und lenkt ihre Aufmerksamkeit zu mir wie den Suchstrahl eines Regenradars. Ich stehe immer noch in der Tür zur Küche, habe weder Mantel noch Fellmütze abgelegt, von meinem Spazierstock flattert feuchtes Laub.
»Tschüss!« Sie klatscht mir einen auffordernden Blick in die Fresse. Ich soll gehen. Sofort.

Doch so leicht gebe ich mich nicht zufrieden: »Nun aber mal halt. Ihr habt das Ding auf eBay gestellt, ich habe die Versteigerung gewonnen, ich habe das Geld bei mir und bin hier, um mein neues Eigentum abzuholen.«

»Tschüss!« sagt sie noch einmal. »Du weißt wohl nicht, dass du nicht so aussiehst, wie einer, der mit dem Ding umgehen kann?«

Jetzt bin ich ernsthaft beleidigt. Wenn ich etwas nicht leiden kann, dass mir jemand etwas nicht zutraut. Schließlich kann ich doch alles, nicht wahr? Ich schalte hoch auf Aggro.

»Wisst ihr, dass eine Wohnung auch immer ein auf links gestülpter Kopf ist? Ich sehe mich hier um und weiß genau, wie ihr so tickt. Nicht schlimm, gar nicht. Aber ihr könnt euch nicht vor mir verstecken.«

Die zwei schauen sich an, besprechen sich mit den Augen. Sie sind wie verändert, als hätten sie etwas verstanden, das wichtig ist für sie – mich jedoch nicht das geringste angeht.

»Nein« Der rauchende Mann bewegt sich zum ersten Mal, seitdem ich hier stehe, er bricht aus seiner Versteinerung, lehnt sich zurück, kratzt sich am Bauch. »Nein«, wiederholt er, »nimm das Scheißteil mit. Unter einer Bedingung: die Flasche bleibt zu. Dauerhaft. O.k.?«

Ich lächele freundlich.

»O.k.«, sage ich. »Geht klar. Ich interessiere mich sowieso nicht für Geister…«

Nachtrag:
Ein paar Jahre später sitze ich dann selbst in einer Küche, an der Anrichte lehnt eine Frau, die jener Frau täuschend ähnlich sieht, die mir damals die Flasche nicht überlassen wollte. Ich fühle mich ungewaschen, hocke im Unterhemd vor einer schmutzigen Tasse und rauche. Im Türstock steht ein Typ, der behauptet, die Flasche auf eBay ersteigert zu haben…

Katja Schraml: Mad mades Mangel_Material

„Ich bin satt vor der Zeit
und hungre nach ihr.
Was soll nur werden?“

Ingeborg Bachmann, Aus: Entfremdung

Vor der Tür stand das Kind <ungefragt>: Es bliebe jetzt hier – bei mir <unwiderruflich>, und ging an mir vorbei, sich an den Tisch zu setzen, der <unbefleckt ungedeckt> mittig das Zentrum uns bietet für das Gespräch, dem ich ausgewichen so lang, dass ihm bang, ich hätt alles verg_essen. Versessen ists drauf, dass ich mich für 1 heile Weile zu ihm geselle, ins Helle der Morgenröte, die <henceforth fencenorth> an uns vorbeiziehen, unaufhaltsam gewaltsam uns in ihr Licht tauchen wird. Dem komm ich nicht aus. Das Kind sucht mich aus. Und fragt immerzu: Was willst du?

Ich bleibe vorm Schlosstor, der geschlossenen Tür, von der ich nie weiß, wer sie zugesperrt zugespeert. (Was liegt in meiner Hand?) Wo sind die Schlüssel? Gabs nicht 1 Ausweg? 1 Hinterausgang? An Küche Kind Kühlschrank vorbei über den Balkon <mit BeDacht> die Belletage <mit Bewegung> hinunter auf den blanken Beton <Bruchlandung> … Ginge das nicht? (Im Traum hat das Haus stets >7 Räume, um uns als Labyrinth das Gefängnis zu bieten, in dem wir gefangen verfangen, über Treppen+Klippen hochrauf/\tiefrunter, klettern+klimmen kostet uns Kraft – ob mans wohl schafft?)

Was tust du da?, fragt das Kind gegenwärtig, während ich im Vergangen gewesen <verwesen>. Wen/was erwarten wir denn? (Was soll denn noch kommen?)

Du hast es gewusst. Wir stecken fest im Verlust. Verlustierung nicht möglich. Justieren den Schmerz, mein Herz, da fühlen wir hin, weil wir ihn kennen und wissen, wo wir ihn finden: der Zugang ist niedrigschwellig. Frag nicht warum. Um uns zu weiden am Leiden, ganz bescheiden beschneiden. Nur kein niederer Neid!

Wie kommt man dazu, 1 Verlust zu empfinden, wo nie was war? 1 fremden Besitz als 1 eigenes Fehlen diagnostizieren + reparieren ekrasieren mit Verzicht+Vernicht? Als ob kein Hab+Gut <Gut_Haben> zureichend zulänglich <zugänglich>. Über die Lücken bauen wir Belobigungsbrücken: public press release <what a relief!>, die sollen uns genügen zum selber Belügen. 7 Tage lang. Dann fällt uns ein, es fehlt uns noch 1 Verbot.

Auch dich sah ich schon im Traum, vor unserem Haus, anschreiend+beschimpfend: mich!? Wieso nur, mein Kind? Ich aber <ich?!> blieb see_lenruhig, riss mich zusammen, um dich zu besänftigen + zu beschwören: Wir wollen doch alle dasselbe. <With all your respect!> Alle Wörter mit FR: freifriedfröhfreundliche Freude <ja_wohl, frappierend!>. Da erhoben sich die 3 Löw_innen, die sich im Schein der Sonne träge im Staub der Straße gewälzt. (Wo kommen die her? Wo brachen die aus?) Dann stürmten sie auf uns los. Da liefst du zu mir, hängtest dich ein, bliebst an meiner Seite, so rannten wir: durch den Garten ins Haus (in die Küche!) hinein – und schlossen die Tür. Sicher waren wir. 

So sitzt du nun da. Still stumm + starr. Stierst <unentwegt unbewegt> auf leere Teller. Ich bin dein Bedarfshalt. Abers gibt nichts bei mir. Ich weiß. Ich bin 1 recht schlechte Gastgebende, seit ich das Wirtshaus _V/verließ. (Und wars auch schon vorher.) Bei mir muss 1 Kind hungern. (Von der Alten zu schweigen, die unten im Keller verschmachtet, seit wir das Brot auf die Dächer tragen zum Reak_tanz, du weißt, das war Schwer_T.) Natürlich tut es mir Leid. (1 Grund mehr für den Schuldberg, den wir Ge_du_ld_ich anhäufen, statt zu entwerten.) Ich kann nichts dafür. Es ist unerwünscht. (Du.)

Du krallst dich fest an mir wie im Traum, allein kannst du nicht überleben, unreifes Wesen. Du hasSt ja nur mich <Paradies_Parasit>. Du lachst mich aus, wer hält da wen? Und ich seh meine Hände um deine geklammert, die lassen nicht los. Und ich dachte, ich hätt dich längst Weg_gelaufen geschrieBen. Dabei fülle ich alles in dich hinein. <Pschtpscht!> Du bist mir der SchamSchuldSchimpfSchande_SpotT. Heut bist du mir fremd + morgen gut. Übermorgen übe ich Nach_Sicht.

Ich komm nicht zurecht mit Wunsch+Bedürfnis. Es ist alles 1. Hat der Leib 1 Bedarf, versteht der Magen nur 1 Sprache <un petit appétit>. Was ist mein Begehr? In uns lebt 1 dicke Frau, die möchte heraus, will ersichtlich <Hang+Drang> herausquellen. Sag mir, mein Kind, succidaneus: Wenn der Körper das Gefühl 1 Mangels selbst_ständig in Hunger übersetzt, was macht dann satt? <Transponiere!> 

Das Kind sucht mein Auge <insinuiert!>, es weiß, seinem Blick geb ich nach. <You know, I fall for you.> Aber noch weich ich aus. Auf meinem Schoß ist kein Platz. Ich suche die Töpfe und koche dem Kind etwas <süß warm + brei>. Gegen die Kälte der Mauern, das Grauen des Himmels, den Schatten der Schweigeinsamkeit. Ich schenk 1 Glas Wein aus, Port nur zur Stärkung, fülle 2 Schüsseln <soupçonnös> über den Rand. Teile Besteck aus, 2 Schöpfer als Löffel, danke mir selber für Speis+Trank. Dann seh ich dich an. 

Wir sch_reiben uns auf, bis wir (uns) nicht mehr (hören) können. Kippen das Ich ins Wir, um uns zu schützen. Trenne mich von dir, um euch zu täuschen. Es bleibt alles wies war. Ich darf nicht sein. Du ja. (Noch 1 Snack?)

Dem Kind aber schmeckt mein Mahl nicht. Wortlos stehts auf und geht hinaus. Durch die verschlossene Tür. Hab ich dich verdrängt? Sine_kure, ich werd dich schon schaukeln!

Und ich esse alles alleine auf, löffle in die Teller die Leere hinein, wie ichs gelernt. Aber wir werden am Leben nicht satt. Draußen das Land versinkt im Dämmer, das Licht scheint wohl nicht, abers war schon SchLimmer. Es macht mir schon nichts mehr aus. (Also nicht mehr viel.) 

Unten steht wieder das Kind und winkt, versinkt in der Dunkelheit. Sch_ade.

Natürlich vermisse ich dich jetzt.

Margret Bernreuther: twist in my sobriety

Meine Oma ist gerade gestorben. Also, ich glaube sie ist schon ein paar Tage tot. Ich hatte keinen Kontakt mehr zu ihr. 100 Jahre alt ist sie geworden.
100 und einen Monat.
Geboren wurde sie in Madrid.
Und dann als dort der Spanische Bürgerkrieg ausbrach, wurde sie von ihren deutschen Eltern, zuerst zurück ins Allgäu und dann ins karge Mittelfranken abgeschoben.

Das fleissige und sehr junge Mädchen wurde nach ihrer Zwangsarbeit auf Haus und Hof der Familie, dazu auserkoren, den fettleibigen und vor allem im Kern schon mit seinem Schicksal hadernden Gutsbesitzer vermählt.

Er hätte sich auch was schöneres Vorstellen können, denn eigentlich ein Dr. der Chemie und noch eigentlicher auch nicht für den Hof oder gar die Brauerei gemacht.

Mein Opa hat sein Schicksal dann aber doch angenommen und das Beste was ich zumindest über ihn weiß ist, das er kein Nazi war und es gibt eine hinter vorgehaltener Hand erzählte Geschichte über eine Tante die in denunziert hat und woraufhin er dann doch irgendwohin an die Front musste und dann da sofort in amerikanische Gefangenschaft kam, aber dann war der Krieg auch schon vorbei.
Die Tante, also eigentlich die Schwägerin wurde vom Hof gejagt, denn der Bruder, ist nicht zurück gekommen. Aus dem Krieg.

So, musste also der Hof und das Bier weiterhin in Schuss gehalten werden und da hat die alte Mutter, des Großvaters ihm also meine Oma ans Herz gelegt.
Bzw. alles so demnach eingefädelt, das auch niemand was hat sagen können oder sich hat trauen.

Das junge Mädchen die nun nach ihrem Zwangsdienst auf dem Hof nun gleitend hinüber wechselte. In den Zwangsdienst am Ehemann. Der hat ihr zum Geschenk dann auch gleich 5 Kinder in den Schoss gedrückt. Die alle in einer sagenhaften Lieblosigkeit herangezogen wurden. Wie man es sich schrecklicher nicht ausmalen mag. 

Nachdem die Kinder aus dem Haus, oder tot waren wurde der Großvater krank und hat sich bei einem Spaziergang nach langem Siechtum dann anständigerweise selbst das Leben genommen.

 Meine Oma hatte keine Liebe für uns. Sehr nutzlos und sinnfrei bewertete sie unsere Existenz.

Meine Mutter konnte sie schon überhaupt nicht leiden und der Vorwurf das meine Mutter sich mit ihrer reichen Kinderschar auch nur einen Platz in das gemachte Nest sichern wollte, war kein Geheimnis.

Das Wichtigste war ja das man fleißig ist und keinen Dreck macht und keinen Lärm und unsere gesamte Existenz war für unsere Großmutter eine einzige Zumutung.

An den wenigen Gelegenheiten an denen wir bei ihr sein durften oder besser gesagt sollten war meine Oma eher fassungslos. Nahezu angeekelt von unserer kindlichen Dummheit und das man uns zu nichts brauchen konnte.

Ich habe nur eine Erinnerung an sie, in der sie mir für einen kurzen Moment ihre Aufmerksamkeit geschenkt hat. 

An einen kleinen Moment an dem sie mir zugehört hat.

In ihrer Wohnung lief das Radio – Tanita Tikaram – Twist in my sobriety.

Ich liebte dieses Lied und hatte mir aus irgendwelchen Informationen folgende Geschichte zusammengedichtet.

Tanita Tikaram wollte nie ein Star werden, aber gemeine Plattenverkäufer haben sie gezwungen, als sie ihre schöne Stimme hörten und jetzt vermarkteten sie sie quasi gegen ihren Willen.

Kein Wort ist wahr von dem.

Aber ich erzählte es trotzdem meiner Oma.

Sie war ganz angetan. Ich glaube sogar das Lied hat ihr gefallen.

Und meine Großmutter beugte sich zu mir hinunter und sagte: Ja, das ist schlimm! Wenn man zu etwas gezwungen wird.