Ella:r Gülden: Muschelbadewanne

Ja und die hatten so eine Wellness-Badewanne mit integriertem Whirlpool wie aus nem Spa-Hotel .. weißt schon, wie eine Muschel geformt, oder vielleicht eher wie ein Herz.

Es war um meinen Geburtstag herum, zufällig in dem Jahr btw, als Michael Schumacher verunglückt ist, der Unfall war genau an meinem Geburtstag, da lagen wir in dieser Muschelbadewanne, und ihre Mutter sah unten fern, und wir küssten uns und knutschten, und mehr und das Wasser war so schön warm, und ihr Körper auch und es schäumte. Ja, das war das dritte Date und ich war da einfach schon mit bei ihrer Mutter zuhause. Ist bisschen so ein Lesben-Witz, gell? Die Mutter war still und freundlich, ihr Vater lebte nicht mehr. Sie lächelte mich oft wissend an, ich war schon „die Neue“, wir hingen viel aneinander. Sie war so unfassbar weich, ich ging schier in ihr verloren, ließ mich von ihren supersoften Lippen aufsaugen und tauchte über ihr sanftes, rundes, ultracutes Gesicht in sie hinein. Da blieb ich ganz schön lange, fühlte mich einfach wohl.

Dann war aber gleich darauf Silvester, da waren wir bei schwulen Freunden von ihr, glaub in einer anderen Stadt. Die waren wirklich so klischeeschwul, vor allem einer der beiden, und es hat einfach Spaß gemacht. Wir haben Trivial Pursuit gespielt und es liefen Pophits über Youtube auf dem Fernseher, das war damals noch recht neu. Sie hatten einen albern tapsigen Mops, und was es zu essen gab, weiß ich nicht mehr. Vielleicht vegetarischen Hot-Dog? Vom Sekt angeschikert kam ich ihr dann immer näher, und es ging heiß her in der Neujahrsnacht. Ne, ich erzähl jetzt keine Details, vielleicht ein ander Mal, wenn du darauf brennst. Naja und dann fuhr ich bald wieder heim und das neue Jahr ging los, dies das, und ich hätte’s nicht gedacht, aber dieses schon echt intensive Treffen war auch gleichzeitig das letzte.

Tja, so kann’s gehen. Das kam da sehr unerwartet und ich hab monatelang gelitten und war tieftraurig, es hat aber halt nicht gepasst. Und das war eben meine erste queere Erfahrung, das erste Mal ist immer am krassesten, oder? Naja, wirst du noch sehen. Ist ja ganz individuell. Mit jeder Person ist es anders. Es kamen dann noch ein paar nach ihr. Schon fast immer schön, aber oft auch gewissermaßen kompliziert. Menschen halt, hm!? Meine queeren Dates waren in jedem Fall immer aufregender und weniger vorhersehbar als die heterotischen. Aber vielleicht bild ich mir das auch nur ein. Hab’s mir jedenfalls nicht ausgesucht, queer zu sein, doch es taugt mir. Dir auch, oder?

Ach und sie, die erste, hatte mir übrigens mal eine Leckmuschel gegeben, das war für sie ein lesbisches Symbol, lol. Die hab ich immer noch. Willst du noch den letzten Schluck Wein?

Auf eine queere Zukunft!

Theobald Fuchs: Nukleares Epos (Auszug)

Nukleares Epos (Auszug)

„Links!“ rief Dr. Hanno Sauerbrei.

Der Diplomand am Bedienpult drückte ein kleines Hebelchen nach rechts.

„Links, sage ich!“ brüllte Dr. Sauerbrei. Er lag unter dem tonnenschweren Elektromagneten des Neutronenkalorimeters und versuchte verzweifelt, ein Gewindestängelchen unter die Kettenführung zu schieben.

Der Diplomand mit der Links-Rechts-Schwäche büßte sein letztes Quantum Selbstsicherheit ein. Schweißperlen tropften von seiner Stirn. Im selben Moment, als ich hinzu sprang, um ihm die Bedienkonsole aus der Hand zu reißen, legte er erneut das Hebelchen um.

„Das war wieder die falsche Richtung“, wies ich ihn auf seinen Fehler hin, doch meine Stimme ging in dem gewaltigen Lärm unter, mit dem der Elektromagnet gegen das Strahlrohr krachte und sozusagen nur im Vorübergehen Dr. Sauerbrei zerquetschte.

Mit ohrenbetäubendem Fauchen schoss das Vakuum aus dem geborstenen Austrittsfenster am Ende des Strahlrohres, zerfetzte Kabel und Folien, schleuderte Lichtleiter und Platinen in die Halle. Sämtliche Sicherheitsventile des etwa ein Kilometer langen Ringes schlugen mit einem martialischem Knall zu.

Dann war es plötzlich wieder still. Totenstill. Nur der scharfe Geruch von Schwefelwasserstoff, der aus den gerissenen Vieldrahtkammern austrat, verbreitete sich im grünen Dämmerlicht der Notbeleuchtungen.

Wie die Bilder eines fernen Traums zogen die Warnhinweise des Gassicherheitsbeauftragten an meinem inneren Auge vorbei. Leicht entzündlich, als Gemisch mit Luft hochexplosiv, nicht einatmen, Hautkontakt vermeiden.

„Oh Mann“, sagte der Diplomand, „jetzt brauche ich eine Kippe.“

Dann zückte er sein Benzinfeuerzeug.

(aus: Hinter jedem genialen Wissenschaftler steht ein Heer von Vollidioten, Streitschrift, Genf / Hamburg, 1987, 600 Seiten, eins-neunundneunzig im Wühltisch bei der Norma)

Harald Kappel: Hochgeladen

die Leiche
meines Vaters
riecht nach dem Telefunkenapparat
meiner Mutter
das Niveau am Sterbebett
wird peinlich genau protokolliert
die Fotografie
des aufgeschnittenen Herzens
zeigt an seinen Rändern
unverdauten Spinat
die sectionale Präparation
vermittelt den Eindruck
als wär er noch da
fieberhaft knacken Schädelknochen
intensives Denken setzt ein
die Augennerven kratzen von innen heraus
am Klavier wird ein läppisches Lied gespielt
ich lade seine Facebookseite hoch
und zeige sie
am offenen Sarg
seine Freunde sind drei
er hat zwei Likes
in viertausend Stunden
ich hatte ihn blockiert
die Leiche meines Vaters
wird peinlich genau hochgeladen
sie riecht nach dem Telefunkenapparat
meiner Mutter

Harald Kappel: MolekülWolke

im polyzyklischen Kohlenwasserstoff
der Sterne
entdecke ich das Aroma deines Aufgesetzten
hinter dem Thresen
lagern Meteoriten
bringen chemisch
die Evolution in den Biergarten
ich relativiere die Theorie
allgemein korrekt
zur Feier des Tages
öffne ich
praktisch die nächste Flasche
fantasiere vom Nobelpreis
stopfe mir
nicht rechtzeitig
das Maul
und verdampfe
am Ereignishorizont

Harald Kappel: FischBrötchen

Masse ist
im Universum
kein fester Ort
das Ticken
der Atomuhr
ein metrisches System
es sprengt
den Klang
der Strahlung

still
wird Ursache
zu Wirkung
das Seltsame
zum Alltag
der Meridian
zum Ereignishorizont

die Glut der Sterne
beizt
Lärm und Leere
zu Rauchaal
am Morgen
riecht ein Brötchen
nach Mutters Locken

die leise Zeit
brennt im Ofen
die Bombe
tickt gewöhnlich
das System
wird
zur Wirkung
ein Fischbrötchen
wird
zur Ursache

Christian Knieps: CERN

Mein Mann und ich sind unterwegs zum CERN. Er will da unbedingt hin, während ich nur dabei bin, damit er nicht allein fahren muss. Dafür hat er mir versprochen, beim nächsten Besuch bei meiner Mutter dabei zu sein, denn wenn er dabei ist, ist meine Mutter meistens die Freundlichkeit in Person.
Auf dem Weg zum CERN bekomme ich eine Zusammenfassung seines Wissens, das ich kaum bewerten kann, weil ich weniger als die Hälfte verstehe. Nach den ersten Fragen lasse ich auch das Fragen sein, weil ich merke, wie angespannt er wird, wenn ich zeige, dass ich so gar keine Ahnung von dem Ganzen habe.
Als wir endlich ankommen, freue ich mich auf etwas Bewegung. Wir treten in das Eingangsgebäude und treffen andere Teilnehmer der heutigen Führung. Auf den ersten Blick erkenne ich, dass es nur eine potentielle Leidensgenossin gibt, doch sie ist so gekleidet, dass sie auch Physikerin sein könnte. Also ist Vorsicht geboten.
Die Führung beginnt. Der Mann, der uns Einblick in das Wunderwerk der Technik gibt, ist mir in seiner leicht verpeilten Art direkt sympathisch. Meinen Mann nervt sein nasaler Tonfall. Wir werden durch das Gebäude geführt, die meisten, die den Eindruck machen, dass sie wissen, was hier geschieht, wirken von der Führung gelangweilt. Ich hingegen finde sie sehr interessant, da sie nur wenig Wissen voraussetzt. Zudem spüre ich, wie der Vortragende eine Begeisterung für diese Forschungseinrichtung versprüht, wie es Männer normalerweise nur für ihren Fußballverein machen.
Als sich die Führung zum Ende neigt, bin ich positiv überrascht, während mein Mann mir schon verraten hat, dass das hier pure Zeitverschwendung für ihn sei. In den Gesichtern der anderen Teilnehmer sehe ich eine ähnliche Meinung, auch in dem Gesicht der einen Frau, von der ich nicht erahnen konnte, mit welchem Wissenstand sie hier angereist ist. Zum Glück habe ich mit ihr kein einziges Wort gewechselt.
Die Führung wird beendet und es gibt zurückhaltenden Applaus. Schnell gehen alle auseinander, nur ich trete an den Wissenschaftler heran und sage ihm, dass mir seine Führung sehr gefallen hat, wenn ich nicht sogar begeistert davon bin. Wir kommen ins Gespräch und ich vergesse meinen Mann, der irgendwo im Verkaufsladen nach Fachliteratur sucht, von der er wohl kaum etwas verstehen wird. Hauptsache, er zeigt, wie sehr er in dem Thema drin steckt. Nach außen, versteht sich.
Wir beide hingegen machen uns über die Besucher lustig. Ich kann offen zugeben, dass ich nicht mal alles das verstanden habe, was der Wissenschaftler uns erklärt hat, aber er ist sich sicher, dass die anderen Besucher auch nicht mehr verstanden haben, es nur nicht zugeben wollen.
Auf dem Nachhauseweg schweigen mein Mann und ich lange, bis er äußert, wie enttäuscht er von dem Besuch ist. Ich überlege kurz, ob ich ihm die Wahrheit sage, doch ich weiß auch, dass er noch weitere solche Besuche in seinem Kopf hat. Und so entscheide ich mich zu einem nichtssagenden Geräusch, das bei ihm als Bestätigung ankommt.

Das Wil: Mirror

Sometimes I see someone else. Not on the street, but in my mirror. Its the same face every time. But it isn‘t… me. That‘s alright. I‘ve gotten quite used to it. If I look at the other being for too long it takes my body. I am left floating. I like to float. Everything seems very small when you‘re far away. Most of the time my other just skips breakfast and otherwise tries their best to pass as me. But on some special days, it goes to the woods to… become. I am not sure what.

I have entertained the thought that maybe, I am a vampire. Vampires can‘t see themselves in mirrors. I also much prefer candle light to any bright lights outside. But Vampires aren‘t real, are they. Also I love garalic way too much. Then again, none of this feels truely real.

After it has wandered and I haven‘t payed at- tention, floating, as I do past stars and the sun basking in the glory of the universe, I wake up. I have to remember what I am and who. Depen- ding on how far we went, I have to figure out the where. Then, going outside, strangers call me by names I didn‘t tell them and trees whi- sper of memories I do not have. None of it feels real then.

The first time it felt real was when we started leaving notes to eachother. It was the scarirest thing. Of course I was aware before. But there is a difference between awareness and true realiza- tion. They started out mean. Go away. Why are you here. You are a coward who doesn‘t deserve this. Why did you hurt him. Stop being. Stop being so angry. Stop hurting me. GO AWAY. And I wanted to. I tried. I fled to the sea to drown my fear but it wouldn‘t sink. And I went to the earth and begged her to take me back but she rejected me.

And so I apologized. I looked at myself, not the one in the mirror, but me, as I am from its point of view. And it- well it gets worse before it gets better. I am not sure if you have ever drowned. It is a lot like that, sticking your head too far past the point of return past the cold glass of the mirror and let it flood you. And you can unsee, of course you can. But you shouldn‘t. Because you‘re just turning your back on the things that might stab you. Personally I‘d rather see what is coming for me. I‘d rather see where I am going.
So I have seen me.

I know with more certainity now, that what I see in the mirror, it isn‘t me. Even so, the letters have changed. I have found out it likes choclate and eyeliner and if I leave little gifts for it, it even does my chores when I can not. It tells me not to be afraid, but I can not follow all of it‘s wishes. But the fear is different from before and the hatred gone.

When it goes to the forest now, to become, we become together. It is not me and I am not it. But we are becoming into the same thing toge- ther, no longer fighting over all the different di- rections or stubbornly pushing down paths the other may be hurt by. We are two but we will grow as one.

Most recently I have discovered what I think are little love letters and I am leaving some of my own. Rarely. And every thing still isnt forgotten. Won‘t be forgotten anymore. But I try to. When I have the time to.

Andii Weber: Tiny Dancers

Komplettes Layout im Originalskript auf Google drive

<- stehe ich wieder im raum und danze. die wahrheit interessiert mich nicht, mich interessiert DEINE wahrheit, verstehste?

guter Sound, wummerich und breit, DRdrdrECKIG. massiert die herzchen heute nacht. es rauscht, tropFtropFtropF DJ guckt unnahbar und mit dem kaviarschwarzen pulli (trauerFloor) gepellt wie aus dem EI aus, ist aber eigentlich voll am lachsen in’s Fäustchen und so. der tanzFlur ist leicht abschüssig, immer mehr gute tropFen Fallen auf den ballsaalboden, Fütze, riesige rinn(sale, (eau sale)), winzige sturzFluten, die all die Füße auf dem floor wegziehen, uns alle Ferschwimmen lassen, Flussaufwärts, Fischtreppen, hinauF, hinauF, whatafeelingwhenweredancingontheceiling gibt es hier überhaupt eine decke?

in der schwerfällig bewegten luFFFt (= bass) um uns rum: je nach individuellem geschmack und bedürfnis weite oder enge klklklkeidung, stacheldrahtkettttttten, bauchnäbel. die tanzFläche ist aus dem mittelalter glaub, oder aus dem märchen aber egal, heute ist ja heute BRRRholdmecloserBRRR. wir oszillieren in den böhen, im Fööööön, der beat knickt Kreise ins Korn und wir sind da mitten drin. dann schau ich kurzRTZRTZRTZ zu der einen Seite (dich an) und du zur anderen (mich an) und dann lachst du allwissend und wir RTZELRTZONjohnRTZRTZ.

aales Fällt auseinander, aber genau so, wie es soll !”§$%&/()=?[SCHNITT] ich grabe meine Fingerkuppen hinein in deinen Rücken, nur ein bisschen. muskeln, knochen, Fühle deine gräten ((((((((das “gräten” bitte so überbetont aFFektiert lesen)(das in den klammern dann auch), mit dem imaginären Fischmesser das Fleisch sorgfältig abziehen, an der haut herumschnieFen,, dieser slipperigen Fishhaut aus polyester die das alles irgendwie beisammen hält,,, dann hals,, Flaumig und ein bisschen schuppig, knibbeln:: ein sehniger korb, komprimierte geheimnisse darin. FeFFerkuchen oder pilze? ist ja auch egal WAS GENAU, solange da nur ein blutiges HerzrtzrtzrtzrtzrtzwrsrwsWASgenaudadrinist.HUI ein roter ApFell! und dein bariton knurrt sonor:: KOSTE doch MAL, hübsches!

irgendwo unter deiner haut — vielleicht gleich neben den schwimm- gallen- und giFFFtblasen — ist sicher ein gemeinsames verständnis vergraben, das uns (ab/ver)bindet von/vor/mit der welt, wie einer dieser schlüssel, den ich da einfach rausziehen machen kann und die tür zum nächsten rätsel auf, zu einer neuen wahrheit. und sie lebten glücklich bis an’s#Feelings interessieren mich nicht, mich interessieren D3IN3 Feelings, verstehst du mich bitte?

Menschen sind so krass manchmal, so krass geil.(GPT: “Hier könnten Sie mehr Kontext oder Details hinzufügen, um die Krassheit und die Geilheit der Menschen weiter zu erklären” — die maschine versteht es einfach nicht) Ja, scheisse auch oft, meistens, aber hier, auf dem märchentanzFlur, da sind’s einfach scheissegeil. und Finden sich auch einfach so. und gehen heim, irgendwann, wenn es wieder hell wird und dann ->