Sabrina Marzell: Der Schmacht


Eine Unterhaltung bei Nacht


N Ohne Rede ohne Antwort.
A Gäbe keine. Weder das Eine noch das Andere.
Was wolltest du?
N Was ich immer will.
A Aha, was du immer willst.
N Ja, was ich immer will.
A Verstehe.
N Ich dich doch auch. Auf Ruhland war ́s schön.
A Ja, gutes Abendprogramm und gute Aussicht.
Meistens bin ich gefahren.
N Ja, wir wissen ja beide warum, prost!
Du gefällst mir so. Deine Haltlosigkeit.
A Mir gefällt deine Unbeugsamkeit!
N Du warst nicht folgenlos.
A Das tut mir leid für dich!
N Soll ́s nich ́
Zigarette?
A Immer gerne.

Sabrina Marzell: Das Ich über sich


Ein Selbstgespräch


1 Kennst du mich?
2 Ja, inzwischen kenne ich dich.
Ich habe es geschafft und dich
zu meiner Seelenverwandten gemacht!
1 Und mag ich dich?
2 Inzwischen magst du mich.
1 Du hast immer gedacht
ich mag dich nicht. Doch es hat sich herausgestellt:
Ich liebe dich und du liebst mich!
2 Du bist eine wahre Existentialistin.
1 Deine Wahrheit ist: Du bist eine wahre Narzisstin und gießt
in deinem Garten Gertrude Steins Rosen.
2 Streite dich! Doch ohne mich würdest du nicht sein.

Welt ohne Gesicht

Spätnachmittag, ein spärlich besuchtes Cafè. Ein Gast kommt von der Toilette zurück, setzt sich auf seinen Platz und bedankt sich mit einem freundlichen Nicken bei dem Menschen am Nebentisch.  

gast

So. Danke. Bin wieder da.

Er greift zu seiner Tasche. Der Mensch am Nebentisch schlägt ihm geschwinde auf die Finger. 

aufpasser

Finger weg von der Tasche!

gast

Wie bitte? 

aufpasser

Der Besitzer hat mich gebeten, auf die Tasche aufzupassen, bis er wieder da ist. Er hat wohl mit solchen Langfingern wie Ihnen gerechnet! 

gast

Ich war das! Ich habe Sie gebeten.

aufpasser

Ihr Gesicht ist mir unbekannt.

gast

Mein Gott! Ich war doch gerade mal drei Minuten auf dem Klo!  

aufpasser

Sie stehlen also nicht nur fremde Taschen. Sie machen sich auch noch über meine Krankheit lustig.

gast

Welche Krankheit bitte?

aufpasser

Prosopagnosie natürlich. Laien sagen Gesichtsblindheit dazu. Ich bin unfähig, die Teile eines Gesichtes zu einem wiedererkennbaren Gesamtbild zusammenzufügen.

gast

So was gibt es doch gar nicht. 

aufpasser

Nur weil Ihnen Allgemeinbildung fehlt, leide ich nicht weniger darunter. Wissen Sie, wie das ist, sich sein ganzes Leben kein einziges Gesicht merken zu können? Weder Ihres noch das eines geliebten Menschen? Wissen Sie, wie das ist? WISSEN SIE DAS?

gast

Warum haben Sie mir das denn nicht vorher gesagt?  

aufpasser

Können Sie sich vielleicht vorstellen, dass ich nicht dauernd über meine Krankheit reden will? – Finger weg von der Tasche!

Er schlägt dem Gast wieder auf die Finger. 

gast

Das gibt es doch nicht! Wir haben doch jetzt gerade geklärt, warum sie mich nicht wiedererkennen.

aufpasser

Wir haben geklärt, dass Sie der Besitzer der Tasche sein KÖNNTEN. Nicht, dass Sie es auf jeden Fall sind.

gast

Natürlich bin ich es!

aufpasser

Oder ein besonders dreister Dieb! Es tut mir leid. Aber es ist ja wohl nicht allein meine Schuld, dass ich Sie nicht wiedererkenne. 

gast

Ja, meine vielleicht, oder was? 

aufpasser

Wessen denn sonst? Normalerweise orientiere ich mich immer an Auffälligkeiten, um jemanden wiederzuerkennen. Ein Tick, ein Kleidungsstück, eine Körperhaltung. Aber Sie sind so was von durchschnittlich. An Ihnen ist ja nichts Wiedererkennbares! Aus prosopagnostischer Sicht sind Sie behindertenfeindlich!  

gast

Sie haben doch einen an der Klatsche!

aufpasser

Ich bin nicht verrückt, ich leide lediglich an einer unheilbaren Krankheit. Das ist ein Unterschied. Auch wenn Ihnen dafür die Sensibilität fehlt. Auch wenn Sie Menschen wie mich am liebsten entmündigen würde! Und wegsperren! Und noch Schlimmeres!

gast

Am liebsten hätte ich meine Tasche. Soll ich Ihnen beschrieben, was drin ist?

aufpasser

Das könnten Zufallstreffer sein. Man hat mir diese Tasche anvertraut. Ich nehme diese Verantwortung ernst. 

gast

Doch wohl etwas zu ernst!

aufpasser

Wissen Sie, wohin wir kommen würden, wenn sich der eine nicht mehr auf den anderen verlassen kann? Wissen Sie, wohin wir dann kommen? (düster) Das wäre kein guter Ort.

gast

Also der Tisch neben Ihnen. 

aufpasser

Ist das wieder einer Ihrer Behindertenwitze? 

gast

Ich mache keine…egal. Wie klären wir das jetzt?

aufpasser

Wir müssen wohl warten, bis alle anderen gegangen sind. Wenn kein anderer die Tasche mitnehmen will – und es findet sich auch kein lebloser Körper auf der Toilette, wer weiß, wie weit Sie bei Ihrem Taschendiebstahl gehen – dann muß es wohl doch Ihre sein.

gast

Das sind ja noch fast acht Stunden!

aufpasser

Wenn Sie wirklich im Recht sind, wird die Zeit wie im Flug vergehen.

gast

Na prima. Dann hol ich mir mal was zum Lesen.

Der Gast holt sich eine Zeitung und will sich wieder setzen.

aufpasser

Na! Da sitzt schon jemand! 

Ende.

Zeha Schmidtke – Unkenrufe

Nachts in der Gartenkolonie. Grillen zirpen. Ein paar wirklich laute Unken dominieren die Stimmung. Ein später Spaziergänger wird auf seinem Gang durch die Gemeinde von einem Nachbarn angesprochen.

nachbar

Nabend.

spaziergänger

Guten Abend.

nachbar

Na? Können Sie auch nicht schlafen bei dem Lärm, ne? Wissen Sie, was das ist? Wissen Sie, was das ist? Das ist vom Nachbarn hier.

spaziergänger

Ach.

nachbar

Ich sag immer: Gartenteich ist ne schöne Sache. Gartenteich haben wir alle. Aber das reicht dem Nachbarn ja nicht, er muß ja immer ne Extrawurst haben. „Gartenteich haben sie alle“, hat er sich wahrscheinlich gedacht: „Ich brauch was spezielles.“ Manche ticken ja so.

spaziergänger

Ja, ja.

nachbar

Er brauchte was Exklusives. Diese fetten Frösche. Aus dem Import. Solche Kawenzmänner sind das! Und das geht jetzt hier die ganze Nacht.

spaziergänger

Ach, so.

nachbar

Tun Sie mir doch mal einen Gefallen. Ich hab bisschen Probleme mit den Gelenken. Können Sie mal hier…einmal hier kurz drücken.

spaziergänger

Hier?

nachbar

Ja, ja.

Der Spaziergänger drückt auf den Knopf. Eine Explosion zerreißt die Nacht. Die Unken unken nicht mehr.

Der Nachbar lacht sich kaputt.

nachbar

Da fliegen sie! Die fetten Frösche!

Der Froschgarten brennt. Ein paar Planken fallen zu Boden.

nachbar

Jetzt sind sie ruhig. Die haben Sie wirklich sauber ruhig gekriegt.

Aus der Ferne: herannahende Sirenen: Polizei und Feuerwehr.

spaziergänger

Wieso ich?

nachbar

Ich muss dann mal los. Ihnen alles Gute!

Die Sirenen kommen näher.

Ende.

Arne Zank: Die Vögel fliegen hoch

Teil 1: Bank

Teil 2: Krabben

Teil 3: Dr. Zank

Teil 4: Geld

Teil 5: Schnell essen

Teil 6: Dr. Zank II


Hörspielskript, Regie, Schnitt: Lukas Münich
Mastering: Bernd Pflaum

Sprecher*innen:
Vogel 1: Timo Möller
Vogel 2: Luca Rihm
Cousinvogel/Polizistvogel: Bird Berlin
Kapitän/Wirtin/Polizei/Arzt: Philipp Kause
Krabbenlehrling Nils/Bankbeamter: Roman Bahr
Dr. Arne Zank: Anders Möhl


Katja Schraml: schlupf

„Und ist doch so, dass du die Tür aufreißen möchtst
und soviel Verlangen hast in dir drin,
dass dir die Flügel herauswachsen müssten aus dem,
was die anderen anschaun für deinen Buckel,
wenn eins bloß Augen dafür hätt und hätt an dich noch einen Glauben.
Aber das gibts ja nicht auf der beschissenen Welt.
Was dich beißt, sind nicht deine Flügel,
wo herausstoßen mit aller Gewalt,
das bleibt ewig dein Buckel.“

Marieluise Fleißer, Der starke Stamm

dem kaschpar wirds schlupfloch <gömställen1> unterm first zugemauert, weil er zu oft gegens fenster geflogen, zu viele brüche im glas verursacht, als dass ichs noch vertragen möcht. ihm nachtragen tu ichs nicht, doch die scheibe glas will keine*r mehr her|richten reparieren.

wo soll er jetzt hin? sucht er sich 1 neues versteck? in ritzen+schlitzen hinterm mörtel versteckt, in büschen+hecken vom gestrüpp verdeckt? <kriechen krabbeln + krauchen?> seit das navi keine großbuchstaben mehr kennt, folgt er täglich „dem weg“. (keine ahnung, wos endet.)

wohin er auch schaut, überall nisten sie schon, ziehen die brut hoch, stopfen die schnäbel, verteidigen lauthals ihr revier. was soll er noch hier? scharrfüße machen?

wandert er aus?
wohin könnt er gehen?
welche wege liegen ihm?

er hat keine heirat heimat mehr.

seit wochen siehst du ihn <epitheton ornans> unschlüssig umherirren <trödeln bis treideln>, verwirrt ackert er deine blumenbeettröge dir durch. doch da liegt längst kein korn mehr, die ratten habens dir jahrumjahr leergefressen, du pflanzt nichts mehr an.

seit dir der kaschpar gegens fenster geknallt – er weiß, dass dus beschriebst, bevor ers tat, das hat nichts geholfen (wie der stein für dein herzblut nicht das virus verhindert, das sich stets wie im richtigen leben <klandestin> nur unter der nachweisgrenze in deine texte geschrieben) – seit er dir <un|gelogen> gegen die scheiben geflogen, auf dass sie gesprungen geklirrt, sorgst du dich, er möcht dir was sagen, was nicht dein ohr erreicht, weil du lange schon taub für sein geschrei <krakeel krawall klamauk>.

und auf 1 leben <verb|leib+verderb> wirft er sich in deine ruhe hinein, schneidet die kabel des rads dir entzwei, dass du nicht mehr entfliehen kannst. ja, du machst ihn verantwortlich, auch für all die muskeln+sehnen, die du dir auf der flucht <überspannt> verrissen, auf dass du gelähmt in deinem zimmer hockst + zum fenster rausstierst wie der NARR (am liebsten würdest duS ausreisSen.)

du willst ihn nicht hören. <qui vive?> was könnt er dir sagen? die zeit (hier) sei vorbei, swär not_wendig weiterzuziehen? weil wir alles erreicht, was wir einst wollten, nämlich frei sein. warum lässt du ihn nicht mehr ein? <what is your way? hospitality or hostility?>

die stangen des käfigs kannst du ergreifen, mit deinen schritten an seinen rändern entlang die größe ermessen, die dir hinter gittern verblieben, dagegen anrennen <einschlagen zersägen aufdehnen> … so viel kraft hast du gesammelt, so viel schwung geholt, dass du die lücke geschaffen, die breit genug, dich durchzuzwängen, und kein gewicht, das sich an dich gehangen, um dich aufm boden zu halten, konntes verhindern, dass du entschwunden, ausgeflogen und nicht mehr zurückgekehrt. bravo, mein mädchen, das hast du gut gemacht, dazu braucht eine*r sch|neid. (1 leben lang das schicksal der geburt verarbeiten …)

aber da draußen das land, die welt, die ferne ist weit. an was orientierst du dich auf deinem flug? wohin solls gehen? du bist juNg_endlich <flügGe>, es spielt keine rolle, wenn du dich verausgabst, du erholst dich schnell und kein ausflug erschöpft dich, dass du nicht schnell wieder regenerierst. du tust alles, was geht, austesten probieren versuchen, einfach mal schauen, kurzer halt stopp <1 pause> und schon gehts wieder weiter voran. 

du baust dir 1 nest, jetzt weißt du, wies funktioniert. du findest zweidrei komische vögel, denens ebenso geht, ihr zieht um die häuser <sensationslust>, ihr lassts euch gut gehen, du suchst dir 1 bleibe <dach über hals über kopf>, und brennt 1 ab/stürzt 1 ein, sfindet sich stets 1 neue, weil deine flügel so stark, dass sie dich immer weitertragen. du suchst nicht mehr aufm boden nach all den resten, die andre übriggelassen, du mischst dich unter sie, willst vom frischgebackenen 1 stück abzwacken. entwickelst das schreiBen, um selbstSTändig zu werden, baust dir im nebelnichtsweiß 1 festhaltegrund auf buchstabenschwarz. errichtest 1 haus, das 1 schatten wirft auf deinem/deinen weg und wunderst dich, warums so dunkel um dich herum. schaust dich im spiegel an, deine silhouette sieht gut aus, und wenn nicht, brichts aus dir raus/brichst du zusammen, und du stehst wieder auf, denn aufgeben gibts nicht, das ist verboten. du gehst nicht mehr nah ran, hältst deinen abstand, beobachtest nur aus distanz.

du merkst, wie die regeln dich tragen, die hast du <regelGEhörig> mitgenommen, sie sind dir eingebrannt, 1 narbenkennzeichen=brandmal <stigma>, das trägst du herum, und nur 1x im früh_jahr, wenn die federn vom frühling dir glänzen, fällts nicht auf, im winter aber musst du dein kleid verstecken, dass jeden tag älter+g|rau|er (gegen) die reinheit schneewittchens <ballett+pferdemädchen> absticht, jetzt schimmerts schon nicht mehr, die ausflüge|l werden kürzer, du brauchst immer länger, dich auszuruhen, liegst tage+wochen herum und weißt nicht, obs kopf körper seele <knopp kropp + själ|v²>, womit du zuerst zu tun. bist du mehr müßig oder nur müde?

zwischen der angst des eingesperrt+ausgeschlossenseins bist du beschäftigt: ständige wiederherstellung des alleinseins. noch pfeifst du 1 lied, nicht immer 1 neues, singst alte weisen, auf dass sich die töne im winde verlieren – wenn die luft sie auf/mitnimmt, hoffst du, werden sie nicht wiederkehren. du kannst dich befreien, denkst du, wenn du sie weiterträgst → aufgibst, und tatsächlich verirren sich halbe melodien im wind, der <grundgütIGer> dir gütig+güNStig, doch bleibst du zurück mit zweidrei tönen, die ihren halt+zusammenhang verloren, du traust dich nicht suchen und sie verknüpfen – was, wenn wieder die alte klage nur <superfötation> deinen lippen entströmt? das immergleiche lied … alles wäre vergeben|s. und du verstimmst→verstummst.

trankst du den brunnen leer oder suchte das wasser sich 1 neuen weg? nur du bliebst hängen auf trockenem grund. unfähig, dich zu bewegen.

selbst_autonomie/_veränderung/_suche: ich möchte 1 andere*r werden/defizite beheben/mein leben ändern.

was davon wolltest du/willst du noch? das alte hast du ab/aufgegeben, das neue lässt sich nicht greifen, der schmerz nur schreibt sich tief in die haut, die muss gefärbt+gegerbt werden, auf dass man sieht, was innen verkehrt, das innere nach außen gezerrt.

und draußen zieht mit dir der kaschpar <radiKal> seine runden, wartet darauf, dass du die fenster öffnest. kommt er herein? oder möchte er, dass du hinaus? du weißt schon, dass dus selbst warst, die dafür sorgte, dass ihm das nest versperrt wird? dass er jetzt häufiger noch als zu vor, weil verWirrt, gegen scheiben+mauern klirrt – er|innert den schlupf, den du ihm verwehrst.

wie willst du leben ohne ihn?
wie soll er singen ohne dich?

du möchtest dich trösten <exkulpieren>, dass es noch 2 lücken gibt, auf der anderen seite, die noch keine*r gesehen/keinen schaden an|gerichtet, doch du hast sie ja längst verraten vor lauter furcht, er möchte dorthin ziehen, die nächsten scheiben zerstören. und jetzt sind sie alle zu.

aus kaputt + vorbei.

merkst du nicht, wie er flIeht? er lässt dir keine ruh. aber vertraue nicht drauf, dass er nicht ohne dich kann, dass du dir aussuchen könntest, ob du ihn hörst oder nicht, dass du ihn hin|halten/holen kannst, wenn du ihn brauchst, und aussperren, wenn dir sein klagewehweckruf zu viel.

der kaschpar ist eigen, ich weiß nicht, ob er sich in 1 tiefe stürzt, wenn du ihn nicht er|hörst, keinen neuen schutz gewährst. er wird doch immer die flügel breiten …

doch wie lange werden sie noch zum ab/über/weg/aus_flug taugen? vielleicht möchte er in den käfig zurück, weil er alt+müde des un|gewissens sich ausruhen möcht? seine stimme wird heiser, und wenn auch das lied nicht neu, wirds doch leiser. ihr könntet so schön gemeinsam kräChZen …

was also wirst du tun?

ihn die letzten geschichten erzählen lassen, die ihn noch quälen, auf dass sie hinaus in der welt vom wind vertragen wie deine oH_töne?

du weißt, dass kein*e andere*r kommen wird. kein neuer vogel mit lustigen mel|o|die|n.

wenn der ursprung des schreibens das gefühl des gefängnisses ist, des eingesperrtseins + der not des zwanghaften entfliehens: brauchst dus, um 1 grund zum schreiben zu haben? fliehst du den käfig, machst du dich frei oder entziehst du dir den boden? was, wenn du aufhörtest? was, wenn alles weggeschrieben? bleibt dann nur leere hülle? oder wirst du 1 neuer mensch? 1 unbeschriebenes blatt …

warum hat robert walser aufgehört zu schreiben?wie oft muss man sich häuten, bis man die letzte feste haut in fetzen haut, die keine*r mehr durchdringt?

machmal, wenn ich dich draußen seh, wie du dem wasser übers antlitz blickst, wie du ausschau hältst <epiphanie> nach der frau am meer, ob nicht ihr schiff endlich käme, das dich mitnähme, auf dass 1 andere voranginge, die des weges gewiss, dass du aufgeben könntest, dich abzumühLen, wie du seEhnsuchtsvoll nach 1 steuer schielst, das dein ruder obsolesziert, flieg ich gern auf + ziehe 1 runde, lenke deinen blick auf mich, auf dass du dich erinnerst, dass du am boden, schrittfürschritt, dass sie im wasser, zugumzug, und ich in der luft, schlagumschlag. dass du dort unten <schwerkraft>, dass sie da drinnen <schwerlicht>, und ich hier oben <schwerElos>. dass jede*r sein element, und wir nicht ohne einander auskommen können, nicht voneinander los. auch wenn sie immer nur schweigt, wenn ich schreie, und du versuchst, uns wegzuschreiben; auch wenn wir nicht wissen, wer von uns (mehr) fühlt denkt oder m/weint. wir sind alle dabei. wir sind die 3 grundsünden: gier torheit + zorn. wir sind uns einander existenzberechtigung. wir sind alle 3 → 1.

hab ich dir schon gesagt, dass nicht der kaschpar damals die sichtgläser fliegend zerschlug, sondern 1 unbekannte*r auf der suche nach 1 ventil für den inneren druck? oder aus welchem grund sonst … mit uns hatte das gar nichts zu tun – oder wer schießt (schon) auf den kaschpar?

und doch hat deine angst sofort alle angriffsflächen verbaut. hat die sprünge im glas dem kaschpar in die flügel geschoben. wärs nicht an der zeit nun, wo dus weißt+bereust, dass du ihm die tür öffnest + entgegenkommst?

sein geist sucht dich heim. du siehst ihn draußen im baume sitzen, aus zweigen hat er sich 1 form gebaut. 1 sTilLhouette sitzt er da und schaut zu dir herein. vem här vill bli gLömd nu!?³

wir müssen hinaus aufs offene meer, dort harrt unser* 1 dame. lass sie nicht länger warten. es gibt nur 1 schicksal, dem kommst du nicht aus, du kannst dich nicht ducken dauernd im dunkel, du kannst nicht zurück, zum lösCHen ists nun zu spät, das feuer hat um sich gegriffen, und keine flucht hilft. kämpfen musst du selbst. nimm deine regeln+grenzen + begehre auf – ewige jugend, die erwachsen werden will, und sich nicht traut. rebelliere gegen die eigenen schranken. krall krampf krank dich nicht fest mehr. wie oft muss ichs sagen? let|s go! sei 1x nur, statt dauernd zu werden. sei einfach da. als ob du schon fertig, und jeder tag mehr wär 1 geschenk.

fasse dich!

und setze <framing> den rahmen im einklang mit dir. erfülle den auftrag, beende das werk. vertraue aufs wort, auf seinen sinn. wer wie warum wozus gut. vertraue drauf, dass sichs erfüllt.
und dann: geh auf in der welt ihrem geräusch. 

sich mit dem tod aussöhnen = mit dem ungelebten leben.

1 schwedisch: schlupfloch
² schwedisch: knopp = umgangssprachlich birne/kopf, kropp = körper, själ = seele, själv = selbst
³ schwedisch: „wer will jetzt hier versteckt (gömd)/vergessen (glömd) werden?“

Hörstückfassung: Senta Hirscheider, Christopher Mau

Fabian Lenthe: FFP2

Ahh, Herr Söder! Schön, dass ich Sie treffe!

Gott zum Gruße!

Ähh, ja… Sie gehen auch hier einkaufen?
Hier, in meinem Lieblingsdiscounter,
das hätte ich ja niemals gedacht.
So nah am Volk, Respekt!

Was? Nein, achso….
nene, ich bin nur hier um….
um..ich wollte nur…

Ja, Herr Söder….
der Leberkäs ist übrigens grad im Angebot…
1,39€

Mmmhh…najaaaa,
ich wollte eigentlich nur schauen,
ob jeder eine FFP2-Maske trägt.
Ich trage ja schließlich auch eine!

Oh, ja, das verstehe ich natürlich.
Wie Sie sehen trage ich auch
nur ein T-Shirt um den Mund.
Aber gehen wir doch einmal kurz
zu den beiden Herren neben dem Mülleimer,
die gerade ihr Frühstück trinken,
dann können Sie sich ja selbst überzeugen!

Nein, BITTE, ich…

Was ist denn mit Ihnen,
fühlen Sie sich nicht wohl? …
Ich verstehe! Naja, aber jetzt,
wo wir schon einmal so schön beinander sind,
würden Sie mir vielleicht Ihre Maske geben?

Ich weiß nicht…ich…

Sehen Sie, ich habe noch 5€
für die nächsten zwei Tage,
bin hungrig und habe keine FFP2-Maske.
Das bedeutet entweder Maske oder Spaghetti,
aber ohne Maske keine Spaghetti,
verstehen Sie?

Nein?!?

Nein?
Also gut, ich erkläre es Ihnen noch einmal,
damit Sie es auch verstehen, okay?

EY, KALLE…KOMMSTE MA SCHNELL HER!

Hören Sie sofort auf!

Jetzt stellen’se sich ma nich so an!
LOS, MASKE HER, ICH HAB HUNGER!!

HILFE HIL…

Na bitte, geht doch!
Vielen Dank für ihre Kooperation, Herr Söder.
Und jetzt geben’se mal ne Runde Masken aus,
ABER DALLI!

Claus Caraut: Den Lichtersaft reinpläsieren

– Karaffée im Wandel der Gezeiten –

(1) Vor dem Kaffee

Gumo Freunde der heißen Bohne
Heiz mir gleich die zähe Mure hinters Brett!
erstmal einen drallmayer probohno hinter die stulle broten, was Mörtwl
Es ist Zeit für ne Tasse TeeR
HEIZEN
Ich zwiebel mir die Brüllsuppe jetzt wieder würzig in den Kartoffelkopf rein
Gumo Freunde. Das Aggregat wird angebrüllt endlich den geilen Saft rauszurücken.
Der brühe Vogel fängt den Schlonz!
nach einem ausgiebigen Wanderausflug ersma schön zartschmelzenden Brüllonado in die Muldenfräse nei, was Schlemtems
bin dumm wie ein Stück Müll bis gleich die Terrorkirsche gekocht ist
Kaffee ist für mich lecker
völlig verplästert zur rinse kriechen und ornglich lichtersaft in die plürre kippen
Erstmal einen reintöpfern, in die ausgedürstete Visage!
Yes we Kännchen
nach dem Saft gieren
Schöm die WOCHENENDEINLEIZUNGZ-SALBUM IN STOFFWECLSELAPPERAT REIMPUMPEN, WAS LEUMPTINGS
more espresso less depresso, was mepfelt?
Wer knüppelt da im Widerschein/es ist der Schmonz, der fein will rein

(2) Kaffee kochen

ersma schön plan ein‘ reinzementiern mit die Schlonzierraupe
Schlacke häckseln
Ordentlich Strauchmehl aufkochen
WOMMS ihn dir rein frisch von der Glut runter in die Arbeiterfresse
den Boiler heiß haben
Erstma fett ne Erpressung reinwürfeln
Schlagt die Giftzähne der Schlonzeschlange in den Milcxschaum, Lefterz!
grüße vom brewpiter und seinen monden
DIE KANNE HEISS HABEN
ALLES BRÜHT GUT
ÄS KAFI USE LA
Freude schöner GÖTTERSCHLONZEN WAS LEUNDENE
Ich kawenze mir den Röstköttelsud ausschließlich mit großen Mengen Eutersaft ins Fressgemächt
Schlonzkanister so siedend heiß reinbasteln, dass das Zäpfchen Tango tanzt, was
Der ganze zylinderförmige Humpen wird bei überkritischem Druck durch die Kiemen gefräst. Was Du da siehst ist im Prinzip embryonale Kohle.
Erstmal ’nen starken Kaffee brauen, was Leute?

(3) Wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens

Bαριστοτέλης
HANS MAGNUS SCHLONZENBERGER
Reinmund Carver
HAURUCKI MURAKANNI
Schlack Lacan
Jon Bohni – ich will ein Kind von dir ! It’s is my live
Franz Kaffka
Vladimir Nabokaff
MAUL SCHLONZEIMER
Hildegard von Schlingen
Marcel Prost
Kracht (richich in fressbrett rein)
Fjodor Dostolonghi
Plören Kierkegaard
LORD VOLLAUTOMORT!?
Daniel César Martín Brühl Schlonzález

(4) Kaffee trinken

schön das BRÜLLSCHIFF HINTER DIE BRÜSTUNG LOTSEN
Kaffeepatronen direkt im Darm einlagern
Würzigen Schlonzo reingourmeten
Huhu ich bretter mir jetzt die schwarze Planke hier vollends hintern Hut.
ICH PEITSCH MIT SECHZIGTAUSEND KNOTEN DURCH DAS LICHT UND RIECHE KAFFEE AUS DEN GESCHÄFTEN WIE EIN HUND SEIN SOCIAL MEDIA AN DER PISSHECKE IM PARK
reinschlörzen
einen hinter den Hut hauen
das KLÖTZCHEN fest reinDREHEN
manisch einen kannistern
musst du im Ganzen als Klotz die fresse runterprügeln
DAS BEMZIN EIMSPEISEN
Die Brülle reincremieren
DEN VERMALEDEITEN SUDZUBER HINTER DIE HASSZARGE ZINNOBERN, ZUM DEIBEL!
düsteren malorke in den corpus reinkolportieren
DIE DICKE PRESSOMONDBRÜHE REINLABEN WAS
MASSIV HINTERVENIEREN
Den niederträchtigen Sirup in die Leiche verdammen. In die Physiognomie reinpathologisieren. Das Elend mit dem Trane huldigen. Die Teufelsränen einfahren lassen. Den Gotteshauch einatmen. Den Schlonz reimzubern
Halbtot den Notkanister volltanken
erstmal einen kübel äthiopischen lötsaft reinheidelbeerisieren, was yirgacheffes?
IN DIE FRESSE PROBRÜLLVIDEN
ordentlich die Mallotze in die Müllkippe sortieren
MIR VOLLE KANNÜLE DAS HEISSE SERUM IN MEINEN ANTIKÖRPER ZWANGHAFT REINIMPFEN
schön den lichtersaft reinpläsieren
Ab ins Hintertreffen mit der daumendicken Dampframme!
REIIIIINNNNNWEEEEMMMMSSSSEEEEEENNNNNNNNNN
REINGHOULEN WIE EIN OGER
INERNATIONALISCHMIEREN
neibouldern
DIE BRÜLLGEFÜLLTEN STIEFEL AUF EX HINTER DIE NUSS WICHTELN
die Bohne neibolzen
BEERENSIFFE HINTERS SPALIER KLEMMEN
FETT DIE KRÜMELFAUST SCHMECKEN, WAS
sich den napalmtrunk in den dreckskörper berzerkern
HINTERHEIZEN
BRÜLLEN BIS DER ARZT KOMMT
hart sich die brennende Kehlenreibe hinters Fressbrett kämmen
die Schlonze reinwemmsemmeln
direkt 1:1 die düstre bernsteinscheibe ins gehirn verballern
BISSI BRÜLLOBST REIMERNTEN
SCHLACKE DIREKT IN DIE HALSÖFFNUNG REINWAMMSEN
REINWAHNEN
Teeren und Kaffeedern
REINFLEZEN
Prost. Soeben aufgebrüht und hetzt reim damit!
STATTLICH
Frühmorgens erstma Eduschieren
Die Kackvisage stilvoll kaputtsaufen.
STRULL NINTER
REIMPFEFFERN
Die Tschibohnen schweißheiß in die Körperkanone reinzischen
REINBEIZEN
die dunkel-cremige Brüllschlorze in den Schlonzschlund reinböllern
HINTER DIE HILDE BRENNEM!!!!!?
Das raue Rinnsal volles Rohr in den dunkeldüstren Schlund mörsern
übertrieben kaffee trinken bis die poperze birst
Die famoseste Idealschlonze bis ins klobigste Hirnareal grobporig reinfantasten
Erstmal lodernden Morgenteer im Schacht verklappen.
Mit der goldenen Brühllgülle den Blinddarm beleuchten
DIE BITTERSAURE, SCHWISCHWASCHWATTE SCHWARUTZE IN MEINEN KACKSCHLOND ZENTRIFUGIEREN
BRÜLLERVERBOT? NICHT MIT MIR!!!!!
über den basar flanieren
Die müden Knochen hart kochend einballersamieren
Zünde jetzt die Stange Dynamit
Den fettzischen Schwarzölsaft grobschlächtig mörteln und reikärchern
Schieb mir jetzt die Brühstange so richtig zwischen die Dichtlippen. Die Muffe muss mal angezogen werden.
Mit dem Schmackes aus der schwarzen Schlacke das nackige Packeis zum Bersten bringen
Schön den König Kaffee in den Fleischpalast geleiten
MELDE: FEUER!

(5) 50 words for Karaffée

das geile Öl-Gesöff
Geile Schlickschlonze, eyy
bräsige Güllegrütze
Labsal meiner Seele
Brülltrompete
das schwarze Gold
Covfefe
Exzesso
Intenso BÖLLERUNG
der Todesengel des morgendlichen Gluthauchs
die urst geile Reinprügelschlacke
Reiseziel: MaLORKa
der siedende Sumpf
Schlonzito
Bittersüsse Schaumgeburt

(6) Nach dem Kaffee ist vor dem Kaffee

Koffeeinsaft schon weggegurgelt, Fellas
um 19:24 noch tiefschwarze Suppe ins Maul reibetoniert
Ich komm jetzt nach Hause soll ich nochmal schlonzen
Verstehe die Frage nicht
gut cappu heut schon hinter die segel genagelt
So, Freunde. 22:13. Jetzt zum Abschluss des wilden Rittes nochmal ne Wanne flüssige Nacht abpumpen.
ICH VERDTEH DIE FRAGHE NICHTT
Dark Cassandra durch die Kackfresse gestrigelt
Vorm Schlafengehen Black Beauty eingepfercht.
ERST WENN MAN VOR SCHWEISS TRIEFT WIE EINE MEERJUNGFRAU HAT MAN GENUG INTUS, DASS MAN EINE NEUE FUHRE BRÜHEN/BRÜLLEN DARF
kübel mir jetzt auch noch einen Kleinen in die Fresssenke rein
Ich kann übrigens, trotz der krankhaft voluminösen Unmengen Schlonzgranatenbracke, die mit vormittags durch die Visagenbohrung durchpimpere, um diese Uhrzeit auf gar keinen Fall mehr nachlegen, weil ich dann die ganze Nacht wachliege
Aus Soldarität noch zwei (!) Knalltrompeten durch den Arsch geblasen
Die gute Brühwarme schön keramisch geschmeidich reim ins Leuwenmoylchen gießen
Sattelt ihr um die Zeit auch nochmal das schwarze Wildpferd auf?
BEI ALLEN 76 BASAREN VON STAMBUL! DER BRÜLLER VON EBEN HAT GEKNALLT
Schön die Mandeln abflexen, da ich so gierig auf den Torpedo war. Egal, wenn ich nachlad mach ichs nochmal.
gerade eingeschissen
ähm
scherz
brüllend komischst in die Milz gehonkt
ICH WILL ZU EIM KARFEEE, ABER KAIN LADENS HABZ AUFFF
i schlonz heut durch, ihr so!?
gerade auch noch einen geknüppelt
Den Wecker früher stellen, damit mal eher schlontzzen kann!!! Schliesslich können wir nachts keinen rwim saifne
Morgen früh wieder Black Essig in den Wechselbalg aufbocken was LHERUTERP

Texte: Andreas Unteregge, Bastian Borstell, Ben Mertens, Benjamin Kindervatter, Christoph d’Aube, Daniel Rapoport, Elisabeth Heide, Ella Gülden, Fabo Hotzenplotz, Filip Olmak, Jan Dobritius, Jessica Ramczik, Jo Goldmund, John Osinski, Julia Meta Müller, Katharina Schmidt, Kevin Hofius, Lean N. B. Völkering, Lisa Li, Marius Beise, Mark-Stefan Tietze, Martin Albrich, Mercedes Nabert, Mönch Meier, Robert Friedrich von Cube, Rosa Maria Stein, Sebastian Albin, Senneberg Lutz, Tom Schommsen, Wiebke Kämpf, Wulian Jagner, Yan Theodor Weißmann

Skript, Schnitt: Claus Caraut
Titel: Andreas V. Weber
Sprecher*innen: Andreas M. Lugauer, Andreas Unteregge, Anna Housa, Ben Mertens, Bernd Pflaum, Elisabeth Heide, Ella Gülden, John Osinski, Julia Meta Müller, Katharina Schmidt, Lean B. Völkering, Lisa Li, Margret Bernreuther, Mark-Stefan Tietze, Robert von Cube, Sandy Malitzki, Sebastian Albin, Timo Möller, Wiebke Kämpf

Epilog (Web Exclusive):

Texte: Annebert Lassdas, Li Almereyda, Luise Braun, Maurizio Massaro, Roman Wilh, Sebastian Koch

Skript, Schnitt: Claus Caraut
Sprecher: Christian Y. Schmidt