Eisenbart und Meisendraht ist das Literaturvermittlungsmagazin für geschundene Seelen. Jeden Monat wird ein neues Thema von unserem Schriftsteller*innenpool beackert und hernach in Radiowellen (Z) transformiert, in den Pod geschmissen und hier im Internet kybernetisch in den space gepresst.
Diese Seite ist gut, denn sie bietet eine einwandfreie Möglichkeit, in allen Beiträgen herumzustöbern, die im Rahmen von EB&MD veröffentlicht worden sind.
Aktuelle Themen
Neue Textbeiträge
Matt S. Bakausky: Fliegen umkreisen seinen Körper
“Warum fliegen da fliegen um deinen Freund?”, fragt mich Sabrina. Ich will es nicht zugeben, aber mein Freund ist tot. “Er hat’s nicht so mit der Hygiene”, antworte ich selbstbewusst. “Und wieso bewegt er sich nicht?” “Er hat gerade eine außerkörperliche Reise, das macht er manchmal” sage ich halbgelogen. Damit ist Sabrina erstmal zufrieden, denke ich. Eine Sichtung der Smartphone-Uhr verrät, dass mein Freund wohl vor etwa zehn Stunden verstorben ist. “Hast du das Geld?”, versuche ich das Gespräch wieder auf sachliche Bahnen zu lenken. “Es müffelt ganz schön, wann kommt dein Freund wieder von seiner Reise zurück?” Ich schreie...
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Michael Ludwig: Fliegen
Wenn sich eine Fliege die Hände reibt, dann sieht das sehr menschlich aus. Sie ist voller Vorfreude, dass sie uns Menschen eines Tages überleben wird. Vielleicht freut sie sich auch gehässig über die Vorstellung, eines Tages ihre Eier in unsere verwesenden Körper zu legen und ihren Kindern, diesen weißen fettigen Maden dabei zuzusehen, wie sie uns auffressen. Der Entomologe nimmt uns aber jeden Spaß, wenn er erklärt, dass die Fliegen nur die Sensoren an ihren Beinen reinigen. Die Entomologie macht wie jede Wissenschaft irgendwann jeden fantasievollen Gedanken kaputt. Obwohl… das stimmt nicht ganz. Es gibt viele wirklich fantastische Sachen die...
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Theobald Fuchs: Fliegen
Ich liebe es zu fliegen. Richtig zu fliegen, frei in der Luft, ohne Geräte, ohne Maschinen. Nur mit der Kraft meiner Arme. Dabei fühle ich mich sicher, da ich ja selbst entscheide, in welche Höhe ich steige und wohin ich segele. Da wo ich selbst hinkomme, komme ich auch wieder heil heraus und zurück und herunter. Das ist die alte Regel. Der ich vertraue. Deswegen hat eine Katze Schnurrhaare, damit sie spürt, ob sie aus einem Loch wieder herauskommt, ehe sie hinein kriecht. Meine Mutter war dagegen, dass ich flog. Strikt dagegen. Sie wollte, dass ich etwas Gescheites lerne. Sie...
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Harald Kappel: der wahre Glaube
am Zaundie schwarze Pupille Öl quillt aus dem Schlüssellochfärbt Lügen blindnurein loses Brett zeigt mirdas Geheimeden Winterschlaf der Rattendie verklumpten Sternegern glaube ich pinsele mein Selbstgrabe im Erdschattenstehe hüfthoch im Wurmlochfinde eingelegte Aalewinde mich in Neuigkeitennurdie Lügenzeigen mirmeinen wahren Glaubenam Zaun
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Luca Rihm: Die große starke Erde
Sanfter FrühlingswindStreichelt meine HautIch bin so tief versunkenGefühle werden laut Die Sonne deckt mich zuHält meinen Körper warmDie große starke ErdeNimmt mich in ihren Arm Geheimnisse des Lebenswohnen in den BäumenIch spüre, ich lausche, ich binUnd brauche nicht zu träumen Das Wasser trägt den HimmelEr erwacht im WellenspielAlles ist verbunden, alles ist einsUnd doch unfassbar viel
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Şafak Sarıçiçek: Sammlung Prinzhorn 4
1 – Diorama aus Wer aus der Stadt steigt, siehtSkarabäen ihres Hauptes, o Hexe.Wer aus der Stadt steigt, siechtam Marmor ihrer Augen, o Wahn. 2- Diorama an Hackerin der Stadt, Hekate hatfalsche Sonnen gebrachtund rote Wellen rollen über Acker, Äon, Feldund die Leinwand brennt, Codes erhaben. 3- Diorama aus Wer in die Stadt steigt und sieht.Wer in die Stadt steigt, nicht siegtund siecht dahin in ihrem Kopfenur seichte virtuelle Idee.
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Matt S. Bakausky: F wie Liebe
Dieser Text beruht auf wahren Begegebenheiten. Ich bin verliebt. Beim Online-Dating hat es Klick gemacht. Sabine liebt mich auch, ganz bestimmt. Ich wollte eigentlich das Angebot kündigen, doch dann tauchte sie plötzlich wie aus dem Nichts auf. Ist das nicht romantisch? Ich mit 35 noch einmal die große Liebe finden! Wer hätte das gedacht. Stolz erzähle ich meinem Kumpel Bert davon. Er kann sich das irgendwie nicht vorstellen, so ganz einfach nur durch den Austausch von Worten und Fotos sich zu verlieben. Man muss doch die Person mal treffen oder zumindest ihre Stimme hören. Aber ich bin auf Wolke Sieben....
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Matthias Rische: Besitzlos
Ein Junge robbt durchs Unterholz. Sein Gesicht ist dreckverschmiert und von Ästen und Dornen zerkratzt, die Haare mit Erde und Laub überzogen. Die Armeejacke am Rücken zerrissen. Noch einige kräftige Züge mit den Unterarmen und er hat die Straße erreicht. Ein erstes Ziel. Unentdeckt. Es ist finster. Die Chance, gesehen zu werden, verdammt gering. Solange er sich im Schutz der Bäume bewegt. Als sich seine Atmung beruhigt, zieht er sich an einem kräftigen Baumstamm in die Höhe. Die Oberschenkel fühlen sich an wie Watte. Aus der klammen Hose ragen nackte Füße. Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis er dem Wald...
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Vincent Eivind Metzger: Fake.
Ich weiß ganz genau, was ihr jetzt hören wollt. Ihr wollt etwas über Fakenews hören, über Donald Trump, vielleicht (wenn es gut läuft) etwas über Herrn aus zu von Guttenberg oder über Gucci Shirts. Aber nein. Ist doch eh alles fake? Wie wäre es mit den schönen Seiten von Fakes. Wir sollten uns mit diesen Seiten beschäftigen. Stellts euch nur mal vor, ein Traum! Wie schön ist es, den Arzt anzulügen, ein Attest zu bekommen und den Tag freizumachen? Fake! Wie schön war es in der Schule abzuschreiben und ohne gelernt zu haben die Matheklausur zu bestehen? Fake! Wie schön ist es, zu...
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Harald Kappel: Lügenregen
in der alten Fabrikströmt saure Gegenwartaus den Oberlichternregnen langsam Lügendie Anzahl der Legendenkreuzt das Imperfektmit der ZeitKapitel des Schreckensüberdauern die Dummheit der Prokuristen Gerechtigkeitverflüssigt alle Spiegeloffene Fragenerhitzen die Zungenschwüle Raumluftströmt aus Oberlichternam Himmelin der sauren Fabrik
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Jacinta Nandi: Keine passive Hausarbeit
Mein Kumpel Jens ist heute wieder vorbeigekommen, weil er babysitten will. Na ja, vielleicht ist „will“ hier ein bisschen übertrieben. Aber er ist bereit, das zu machen, was mich total freut. Jens zeigt sich sehr überrascht, dass ich Baby Leo gerade ein Märchen vorlese. „Meinen Kindern habe ich nie Märchen vorgelesen!”, sagt er stolz. „Die Armen!”, sage ich gleichgültig. Er guckt mich unsicher an. „Aber Jacinta”, sagt er, „ich dachte, du, gerade du als Überfeministin würdest diese altmodischen sexistischen Geschichten ablehnen? Das sind so schlechte Rollenbilder, die den Kindern dort vermittelt werden! Die Prinzessinnen sind so passiv, machen nur Hausarbeit,...
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Klaus Büchner: Froschkönig
`Ne Prinzessin küsste einmalein´ verwunsch´nen Frosch.Da gab es einen großen Knall,KRAWUMM und PLATZ und BOSCH. Ein hübscher Kerl stand dann vor ihr,jedoch, er war kein Prinz.Er war ein Wirt und braute Bierund hieß Hans Peter Hinz. Doch dies edle Königskindwar verliebt bis über die Ohr´n,und wenn sie nich´ gestorben sind,sind sie sehr spät gebor´n.
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Jutta v. Ochsenstein: Anmut
am Waldrand ein Rehdas Licht wendet sichim Halbdunkel der Weg brauner Samt liegt in der Lufttastbare, feine Sehnenschneiden in die Gewohnheit war es je so stillhaben wir je so weit gedachtdas Reh flüchtet
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Jutta v. Ochsenstein: Rückkehr
Auf gewohnter Straße färben Bäume, Licht und Plakate das Gedächtnis. Hauseingänge riechen nur hier so. Mein Gang wird schneller, die Schatten dunkler. Ich höre die Fragen ihrer Gesichter. Auf dem Stadtplan verirre ich mich zwischen Straßennamen, taste die Stadtmauer entlang durch den grauen Graben hinauf zur Burg. Falken stechen in den glühenden Untergang der Sonne. Ich verharre vor dem Drehkreuz, versinke in die Weite des Tals bis zur Bergkette. Ich bin da.
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Jutta v. Ochsenstein: und wenn sie nicht gestorben sind
wir trinken von deinem WasserFisch, dich nährt das Lichtdein stilles Singen fordert zum Tanzvielleicht ist noch Zeit wir trinken von deinem FeuerVulkan, dich nährt der Steindein brennendes Sterben mahnt uns zur Feiervielleicht ist noch Zeit wir trinken von deiner ErdeBaum, dich nährt der Winddein schwankender Stand weckt unsvielleicht ist noch Zeit wir trinken von deiner LuftVogel, dich nährt die Weitedeine verlässliche Rückkehr löst unsere Trauervielleicht ist noch Zeit
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Arabella Block: Märchenqueens
Dornröschen Wann baute Dornröschen die Mauer?Wo hatte sie die stacheligen Rosen her,die sie pflanzte,und stieß sie die Schaufel dafür in die Erde,schwitzend und gebückt,voller Vorfreude auf den Schlaf,den ungestörten Schlaf,den sie sich redlich verdient hat?Hat sie den Wecker gestellt?Und als sie die Augen öffnete, waren daall ihre Pläne aufgegangen?Sagte sie „Setz dich da hin und halt still“zu dem Prinzen und klebte ihmfröhliche Pflaster auf die zerschrammte Haut,zufrieden mit dem, was sie ertastete?Ein Königreich für den ersten Gedanken, der ihr durch den Kopf ging. Schneeweißchen & Rosenrot glückliche Kindheit,lässige Mutter und als Haustier einen Bären,größer als der von der Losbude.der Zwerg kriegt sein...
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Martin Knepper: Der trunkene Hausrat
Ein reicher Mann ist einmal ausgegangen, er wollt mit anderen Reichen speisen, gerade, wie es die feinen Leute immer tun. Da aber haben die Dinge in seinem Hause sich gedacht, dass sie sich’s auch einmal wollten gut gehen lassen. Und es war ein Schrank unter ihnen, der hat den Bauch voll des Branntweins gehabt, den tät er den anderen kredenzen. Und sind sie alle lustig worden und immer wilder in ihrem Übermute; der alte Stiefelknecht tät sich auf die Chaiselongue legen, das Geschirr hat munter auf dem Tische geklappert und ein Hifthorn und eine Tanzgeige, die haben ihnen dazu aufgespielt, die...
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Jone Engel: Gedanken über Märchen
Märchen sind wieder im Kommen, hieß es vor ein paar Jahren.In Nürnberg gibt es sogar mindestens eine Märchenerzählerin. In der Pandemie ist sie wohl nicht verfügbar. Märchen, mit Maske vor Mundund Nase erzählt, sind wahrscheinlich ziemlich unglaubwürdig.Ich bin mit Märchen aufgewachsen und liebe Märchen. Meine Oma hat mir -als Kind, als ich krank war- einen ganzen Nachmittag lang Märchen vorgelesen.Bis ihre Stimme heiser war. Ich bat sie um noch eins und noch eins... Es ging mir natürlich um das Hören der Geschichten – und sicher auch darum,dass meine Großmutter in meiner Nähe war und blieb… Auch in meinen erwachsenen Jahren haben...
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Katja Schraml: Ich nähe 1 Kopf an den Mantel
„Später stürzte er sich in seine Reinschrift. Es wurde Abend. Morgen früh würde es sich ja zeigen, ob er eine Kraft oder eine Null, eine Intelligenz oder eine Maschine, ein Kopf oder ein Hohlkopf sei. Für heute war es seines Erachtens nach genug.“ Robert Walser. Der Gehülfe Neulich kam der Winter ins Land – man hat gar nicht mit ihm gerechnet <klimaneutral>. Da sperrt ich den Schrank auf, wo <komme, was Wolle> das gefriertauglich gewebte Einwickelgarnmaterial, das <Schal Schuh Chapeau> uns auf den Stadtstraßen schützt vor dem Kalthauch der Menschenköpfe. 1 Halsrheumatismus kriegt man nicht nur vom Grübeln … Der...
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